Samstag, 30. Mai 2020

Die liebe Statistik...

Wir kennen alle den Spruch: "Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast".

Man muss aber Statistiken gar nicht fälschen, damit sie unbrauchbar sind. Es reicht, wahllos Zahlen zu vergleichen und sie nicht in irgendeinen Zusammenhang zu setzen.

Das Statistische Bundesamt hat gerade eine Meldung veröffentlicht, wonach im April 2020 etwa 8% mehr Menschen gestorben sind als im Durchschnitt der Jahre 2016-2019.





https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/covid-19-in-deutschland

Der SPIEGEL garniert diese Meldung völlig "unemotional" noch mit einem traurig stimmenden Bild mit einer Grabkerze. Sei es drum.

Nun ist diese Aussage des Statistischen Bundesamtes für sich betrachtet nicht falsch. Die Zahlen werden stimmen, sie werden nicht gefälscht oder manipuliert sein, allerdings zeigen sie nicht das gesamte Bild.

Der Vergleich eines einzelnen Jahres zum Durchschnitt (warum eigentlich nur 2016-2019?) bringt natürlich was anderes zutage, als wenn man die Einzeljahre miteinander vergleicht.

Anfang Mai hat das Stat. Bundesamt folgende Mitteilung herausgebracht (deckt nur den Zeitraum bis zur KW 15 ab, aber nach der Mitteilung oben sind die Zahlen ja jetzt wieder im Normalbereich):

https://www.destatis.de/.../2020/05/PD20_162_12621.html


Nehmen wir mal die Kalenderwochen 13 - 15, also den Zeitraum, als die umfangreichen Maßnahmen in Kraft traten bis zur Woche mit den höchsten Todesfallzahlen.

Schaut man sich 2020 im Vergleich zum Jahr der schweren Grippewelle 2018 an, dann sieht die Sache schon wieder ganz anders aus:

KW 13: -7,3%
KW 14: +0,8%
KW 15: +3,7%

In absoluten Zahlen 2020 vs. 2018:

KW 13: 19.385 vs. 20.306
KW 14: 20.207 vs. 20.038
KW 15: 19.872 vs. 19.165

Und wenn man nur einen Monat betrachtet, kommt eben auch nur zufällig das Ergebnis für diesen einen Monat raus.

Schauen wir doch mal, was vorher so in Deutschland passierte:

Zwischen KW 8 und KW 12 starben in 2020 in Deutschland 96.637 Menschen.

2018 starben im selben Zeitraum 122.362 Menschen. Das sind also 25.725 oder 26,6% mehr als 2020.

Das heißt, wir hatten in KW 8-12 in diesem Jahr eine außergewöhnliche Untersterblichkeit. 26,6% weniger!!! Das ist mehr als ein Viertel!!!

Die Untersterblichkeit zeigt sich auch im Vergleich mit dem Durchschnitt 2016-2019.

Da starben in diesem Zeitraum 103.803 Menschen, was immer noch 7.166 mehr sind als 2020.

Bei einer zunehmenden Bevölkerung, die auch vor allem im älteren Segment wächst, ist eine allgemeine Untersterblichkeit eher wenig plausibel. 

Was, wenn es schlicht eine leichte Verschiebung der Todesfälle in den Wochen/Monaten gab? 

Verteilt man die Untersterblichkeit von KW 8-12 und die Übersterblichkeit von KW 13-15 auf alle Wochen, dann sieht man im Prinzip nichts! Keine dramatische Veränderung!

Und die monatlichen Sterbezahlen sind eben nicht jedes Jahr gleich. Es gibt immer Verschiebungen.

Noch interessanter wird es, wenn man sich die Zahlen ab KW 1 ansieht (ja, die Mühe hab ich mir gerade gemacht):

Zwischen KW 1 und KW 15 sind in 2020 in Deutschland 290.441 Menschen gestorben.

In 2018 waren es 319.839. 

Wir haben also dieses Jahr eine Untersterblichkeit von 9,2% zwischen KW 1 und KW 15 gegenüber 2018.

Im Zeitraum 2016-2019 sind im Schnitt 298.747 Menschen gestorben. Auch da haben wir eine Untersterblichkeit von immer noch 2,8%. Nimmt man die nur noch leichte Übersterblichkeit der KW 16 ff. dazu, dann kommt man im Ergebnis wohl ziemlich genau auf den Durchschnitt der Jahre 2016-2019. Und das, nachdem wir hier angeblich einer tödlichen Seuche von ungeahntem Ausmaß gegenüberstanden.

Und vor allem sagt die Statistik des Bundesamtes nichts über die Todesursachen aus. Sie zählt einfach nur Todesfälle. 

Und dass die "Corona-Toten" nicht alles "Corona-Tote" sind, sollte nun wirklich jeder begriffen haben. Wer bereits auf der Palliativstation liegt mit Endstadium Krebs und sich 3 Tage vor dem Tod noch beim Pfleger mit SARS-Cov2 infiziert hat, der ist nicht an Corona gestorben, sondern an Krebs.

Und was, wenn in den Todeszahlen im April auch schon welche enthalten sind, die wegen nicht durchgeführter Behandlung/Operation gestorben sind? Oder die Herzinfarkte, die nicht behandelt wurden, weil sich viele Opfer nicht in die Krankenhäuser getraut haben?

Es kann so viele Gründe für eine Übersterblichkeit in den drei oder vier Wochen geben und Corona ist davon nur einer. Sogar das Wetter hat Auswirkungen auf die Zahl der Todesfälle.

Wie auch immer, nur ein paar Wochen zu vergleichen mit einem Durchschnitt der Vorjahre, führt zu nichts als einem mathematischen Ergebnis. Es ist ein Ergebnis ohne Aussagewert. Der Blick auf die Vorwochen zeigt es.

Der Satz vom Anfang müsste eigentlich lauten: "Traue keiner Statistik einfach so, bevor du sie nicht in irgendeinen Zusammenhang gesetzt hast."

Aber das klingt nicht so lustig wie das Original.





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