Sonntag, 24. Mai 2020

Systemfehler

Der Ministerpräsident von Sachsen, Herr Kretschmer, hat während einer Demo gegen die Corona-Maßnahmen mit Demonstranten diskutiert. 





Bzw. sagen wir es mal so: er hat es versucht. Denn Grundlage einer jeden Diskussion ist Information. Möglichst breit und umfassend und unter Berücksichtigung von Pro und Contra. Und daran scheitert es schon beim Ministerpräsidenten.

Um es kurz zu machen: der Ministerpräsident von Sachsen hat noch nie etwas von Prof. Dr. Bhakdi gehört. Er kennt ihn nicht.

Hier zu sehen im youtube-Video:

Sachsen's MP kennt Prof. Dr. Bhakdi nicht

Der Mann mit den selbstgebastelten Aluhut, über den sich die Mainstream-Medien und staatsgläubigen Bürger wahrscheinlich amüsieren, weiß bestimmt mehr über Covid-19 und das Grundgesetz, dass er in den Händen hält, als der Ministerpräsident von Sachsen.

Es ist eigentlich unfassbar und zugleich auch, wenn man kurz drüber nachdenkt, nicht verwunderlich.

Es ist eine Systemfrage. Das Video zeigt einen Systemfehler. Und der Systemfehler heißt Parteienstaat. Jedenfalls in seiner jetzigen, völlig entstellten Form.

Die Parteien sind streng hierarchisch organisiert. Und an der Spitze stehen nicht die, die am fähigsten und klügsten sind und die sich mit Experten umgeben, die evtl. noch klüger in ihrem Spezialgebiet sind, sondern die, die über Jahre gelernt haben, sich durchzusetzen, völlig unabhängig von der Qualifikation. 

Es sind Machtmenschen. Es geht um Ausübung von Macht. Machtwille ist eine menschliche Charaktereigenschaft. Psychologisch sicher interessant und nicht sehr positiv im Ergebnis für die betreffenden Personen.

Bei einigen kommt noch der finanzielle Anreiz hinzu, aber alle sind die Machtmenschen.

Und das hierarchische Prinzip und das theoretische Risiko, die Macht schnell zu verlieren, erfordert es von diesen Machtmenschen, sich mit hörigen, gefälligen Personen zu umgeben, die die Macht in alle Richtungen absichern.

Und diese Leute in den unteren Hierarchieebenen sind wiederum abhängig von der Führungsperson. Sie verdanken ihr ihre Stellung und ihr Einkommen. Und so werden sie alles daran setzen, die Macht der Führungsperson zu festigen. Und da Machtmenschen selten Personen sind, die Widerspruch dulden oder abweichende Meinungen anerkennen oder gar Fehler tolerieren, werden auch nur Informationen nach oben geleitet, die den Führungspersonen genehm sind und die keine Spannungen entstehen lassen. So entstand das System Kohl. So entstand das System Merkel. Und wenn die Zeit an der Spitze der Macht lang genug ist, dann wird sie zementiert.

Und so entsteht auch ein System Kretschmer in Sachsen.

Es ist völlig klar, dass eine Kanzlerin oder ein Ministerpräsident gar nicht die Zeit haben, sich selbst zu informieren. Die Terminkalender sind voll und die wenigen freien Minuten müssen zur Entspannung genutzt werden. Frau Merkel oder Herr Kretschmer lesen nicht selbst bei Tichy oder Achgut oder eigentümlichen frei oder in der JF oder in anderen alternativen Medien und schon gar nicht schauen sie sich Interviews bei youtube an.

Solche Leute werden informiert. 

Man kennt das aus Dokumentationen über Politiker. Dort gibt es regelmäßige Presserunden, in denen die Referenten Medienberichte über die Politiker und die aktuellen Ereignisse vorlegen. Das sind gefilterte Informationen. Da wird vorher ausgewählt, was bis zur Spitze vordringt.

Und zur Hälfte geht es dabei um die aktuellen Zustimmungswerte und zur anderen Hälfte darum, was der politische Gegner oder der Konkurrent aus den eigenen Reihen gemacht hat und wie man es politisch nutzen kann.

Und da kommt dann eben sowas bei raus, dass ein Ministerpräsident eines Bundeslandes noch nie etwas von einem der größten deutschen Experten im Bereich Virologie und Epidemiologie gehört hat, von Prof. Dr. Bhakdi.

Jeder Depp, der sich regelmäßig im Internet informiert, kennt Prof. Bhakdi. Ein deutscher Ministerpräsident kennt ihn nicht.

In der DDR haben Erich Honecker und sein Politbüro auch nur gefilterte Informationen bekommen. Pläne wurden ständig erfüllt, die Versorgungslage der Bevölkerung wurde ständig verbessert und die Zustimmung zur Partei wuchs. Und dann ging man in der Waldsiedlung in Wandlitz einkaufen und glaubte, dass es überall im Land so aussah. Kritik kommt, wenn überhaupt, nur in homöopathischen Dosen dort ganz oben an. Und genau das ist die vielzitierte Abgehobenheit der Politiker.

Diese Abgehobenheit besteht heutzutage nicht in einem besonderen Luxusleben oder unfassbaren finanziellen Vorteilen (jeder gute Handwerksmeister verdient besser als die Kanzlerin), sondern diese Abgehobenheit besteht in der Nichtkenntnis der Lage der Menschen und der Vielfalt der Meinungen.

Und das beruht auf den gefilterten Informationen, die oben an der Spitze ankommen. Und das beruht auf dem hierarchischen Prinzip des Parteienstaates und seinen Mechanismen von Abhängigkeiten und persönlichen Vor- oder Nachteilen.

Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim kritisiert diese Entwicklung schon seit Jahrzehnten. Schon damals warf er den Parteien vor, sich den Staat zu eigen gemacht zu machen. Und die Lage hat sich in der Zwischenzeit nur noch verschlechtert.
Es ist eine Systemfrage. Ein Systemfehler.

Diese Mechanismen der Macht funktionieren in allen menschlichen Organisationen, von der Familie über Unternehmen bis hin zu Regierungen und je größer die Machtfülle ist, die man ganz oben erhält, umso stärker wird die Macht abgesichert. Und das führt zu Realitätsverlust.
Und ob man dieses System nun "demokratisch" nennt oder nicht (selbst die DDR nannte sich demokratisch), spielt keine Rolle. Die Parteien in der BRD funktionieren nach denselben Prinzipien und Mechanismen wie in der DDR.

Nur in den seltensten Fällen findet man in Machtpositionen Menschen, die eine natürliche Autorität besitzen und einen moralischen Kompass, der ihnen sagt, wie weit sie ihre Macht ausüben sollten und die Fähigkeit, andere Meinungen und auch Fehler zu tolerieren.

Und deswegen sollte die Macht, die eine Regierung besitzt, immer begrenzt sein. Zeitlich und inhaltlich.







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