Dienstag, 16. August 2022

E-Auto-Hype... es nervt!



Was stört mich am E-Auto?

Es ist nicht das Auto an sich. Das sind genauso kleine technische Meisterwerke wie ein V6-TDI-Motor oder ein V8-Biturbo. Die ununterbrochene Beschleunigung ist toll, ich habe das schon 2013 in einem Tesla Roadster (damals noch ein umgebauter Lotus) erfahren dürfen. Bei derselben Fahrt habe ich aber auch den Nachteil erlebt. Die Reichweite. Der Fahrspaß auf dem ersten Teil der Strecke wurde erheblich getrübt durch den rapiden Reichweitenabfall und die Angst auf dem Rückweg, es nicht mehr bis zum Hotel zu schaffen. Denn dort war die Ladesäule für das Auto. Und als quasi "Verkehrshindernis" mit so einem Auto durch die Gegend zu fahren, während man weiß, wieviel Spaß dieses Ding eigentlich bieten kann, nervt auch ganz schön.

Egal, ich erinnere mich trotzdem gern dran.

Also mich stört nicht das E-Auto, nicht die Technologie.

Was mich stört, ist zum einen der politische und ideologische Druck, der rund ums E-Auto aufgebaut wurde. Ohne politische Vorgaben zum CO2-Ausstoß, ohne massive Subventionen und ohne das transportierte Gefühl, "etwas Gutes für die Umwelt" zu tun, wäre es wohl kaum zu einer Renaissance des E-Autos gekommen. Zu groß sind die Nachteile im Alltag.

Noch immer, auch nach vielen Jahren der Entwicklung von E-Autos sind sie überwiegend ein Spielzeug für wohlhabende Leute, die entweder eine eigene Ladesäule haben oder das Auto über die Firma laufen lassen oder einen Tesla fahren und damit in den exklusiven Genuss der Supercharger kommen, der anderen E-Autos vorenthalten bleibt. Für Millionen von Menschen, die in Mietshäusern wohnen und keine eigene Lademöglichkeit haben, ist ein E-Auto keine Alternative. Selbst wenn sie mit der geringeren Reichweite klarkommen würden. Sie hätten schlicht keine Gelegenheit, ihr Auto dann "aufzutanken", wenn sie es wollen. Im Gegensatz zu einem Verbrenner-Auto.

Allerdings bieten E-Autos auch den Wohlhabenden keinen besonderen Vorteil, abgesehen von staatlichen Vergünstigungen und der Befriedigung der Eitelkeit, "etwas Gutes für die Umwelt" zu tun. Ohne diese staatlichen Eingriffe und die mediale Manipulation wären E-Autos niemals vom Markt nachgefragt worden.

Was mich weiterhin stört, ist die gerade angesprochene mediale Manipulation, die Schönrederei von E-Autos in den Medien.

Die Auto-Bild testete zum Beispiel in einer der letzten Ausgaben den neuen ID.5 von VW gegen den bereits bekannten Polestar 2.




Technisch ganz sicher tolle Autos. Die Auto-Bild preist die beiden Wagen an, daß damit der Umstieg ins E-Auto klappen könnte. 

Moment mal... wir reden hier über Autos, die auch nach Abzug der staatlichen Subventionen immer noch etwa 46.000 Euro kosten, wenn man nicht die zurückhaltend ausgestatteten Basismodelle kaufen will, sondern noch ein wenig in der Sonderausstattungsliste stöbert.

46.000 Euro! Das sind gut 10.000 Euro mehr, als die Deutschen in 2021 im Schnitt für einen Neuwagen ausgegeben haben. Wobei zu sagen ist, daß der Durchschnittspreis eines Neuwagens im Jahr 2019 noch bei 33.580 Euro lag. Der Anstieg in 2020 und 2021 lag zum einen an der Unsicherheit wegen der staatlichen Einschränkungen wegen Corona (vor allem Gutverdiener haben sich noch neue Autos gekauft, während die Zahl der Gesamtzulassungen zurückging, was den Durchschnittspreis anhebt) und am Zusammenbruchs der Lieferketten und des Chipmangels, ebenfalls hervorgerufen durch staatliche Interventionen (Lockdowns).

Es werden also Autos angepriesen, die mehr als ein Drittel über dem Durchschnittspreis eines Neuwagen liegen. Und damit soll also der Umstieg aufs E-Auto erleichtert werden.

Schaut man sich die Zulassungsstatistiken an, so sieht man schnell, daß die Mehrzahl der Neuwagen unterhalb des Durchschnittspreises liegt und die teureren Modelle den Schnitt heben. Also für einen Großteil der Bevölkerung wird ein E-Auto schlicht nicht bezahlbar sein, von den Beschränkungen durch die Ladeinfrastruktur ganz zu schweigen. Damit soll also der Umstieg aufs E-Auto versüßt werden?

In einem weiteren Artikel wird über den Alltagstest eines Tesla Model 3 berichtet.




Die Überschrift ist schon vielsagend. "Nicht perfekt, aber beeindruckend."

Also ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal etwas beeindruckend fand, was nicht perfekt oder nahezu perfekt war. Das ist doch gerade der Grund, weshalb man von etwas beeindruckt ist, wenn etwas perfekt ist.

Okay, man kann auch beeindruckt sein, wenn sich jemand ganz viel Mühe gibt und das Ergebnis trotzdem nicht perfekt ist, aber das sollte ja wohl kaum der Anspruch eines E-Autos sein.

Mal sehen, was den Autor so im Detail beeindruckt hat:

"... und beginne, die klare Darstellung der Navi-Karte zu schätzen. Die Kameras erkennen Radfahrer, Laster, andere Autos, Ampeln, Hütchen. Man kann dem Model 3 quasi beim Analysieren der Verkehrssituation zugucken..."

Hm, nun ja, gute Navis mit tollen Anzeigen bieten auch andere.

"Und auch wenn sich die Lenkung ein bisschen anfühlt wie damals das Lenkrad an der Play-Station 2, das Fahrgefühl ist entspannt bis lässig."

Wow, also ein Auto mit einer Lenkung wie bei der PS2 möchte ich eigentlich nicht fahren und ein entspanntes, lässiges Fahrgefühl kriege ich auch mit einem schönen fetten TDI-Motor hin, von amerikanischen Big Blocks ganz zu schweigen. Auch ein Mercedes soll von Hause aus ein entspanntes Fahrerlebnis bieten. Also was genau beeindruckt den Autor bisher?

"... und programmiere mein Ziel in Süddeutschland ins Navi. Und dann beginne ich zu verstehen, was Tesla-Fans an diesem Auto so begeistert. Eigenständig schlägt mir das Model3 eine Route von Supercharger zu Supercharger vor. Sagt mir auch, daß ich für die schnellste Ankunftszeit am Ziel vorerst nicht schneller als 120 km'h fahren sollte."

Man kauft sich also für etwa 50.000 Euro ein modernes Auto, das 325 PS anbietet, 225 km/h schnell fahren kann und dann sagt einem das Auto, daß man bitte nicht schneller als 120 km/h fahren soll? Also wie in einem Renault Zoe?

Okay, hier tut das Auto doch eigentlich nichts anderes, als den Fahrer vom großen Nachteil von E-Autos, nämlich der Reichweite, so gut wie möglich zu entlasten. Wenn dein Auto dir extra eine Route anzeigen muss, wo du am besten "tankst", dann sagt das doch alles über die Nachteile von E-Autos.

Wenn ich bei meinem Diesel das Ziel ins Navi eingebe, dann interessieren mich Tankstellen unterwegs nicht. Ich will den Weg zum Ziel sehen. Die Tankanzeige reicht mir doch, um zu wissen, wann ich tanken muss. Bestenfalls tanke ich vorher voll und muss mir keine Sorgen mehr darüber machen. So etwa 800-1000 Kilometer lang, abhängig von meiner Fahrweise. Und ich darf dabei auch schneller als 120 km/h fahren, ohne daß ich mir irgendwelche Sorgen machen müsste. Denn die "schnellste Ankunftszeit", die der Tesla errechnet, berücksichtigt ganz sicher einen höheren Stromverbrauch bei schnellerer Fahrt, was zu mehr "Tankstopps" und damit zu Zeitverlust führt. Vielleicht sagt mir das Auto ja auch noch, daß ich noch weniger "tanken" muss, wenn ich das Radio auslasse und die Klimaanlage? Und wenn ich auch noch aufs Navi verzichte und mich stattdessen das Navi im Handy benutze oder nach Väter Sitte den ADAC-Atlas benutze, dann spare ich mir noch einen "Tankstop".

In einem anderen Artikel in einer früheren Ausgabe der Auto-Bild haben die mal einen Test gemacht, wie lange man für eine Strecke quer durch Deutschland braucht. Oder war es gar bis nach Italien? 

Egal, mir ist jedenfalls als Erinnerung hängengeblieben, daß der Trip viel länger als mit einem Verbrenner dauerte, daß die Suche nach einer Ladesäule manchmal zum Alptraum wurde, also vor allem in Städten und daß der Autor später die 20-30minütigen Stopps beim Laden als "Entschleunigung" anpries.

Da wären wir wieder beim Schönreden, was mir so auf die Nerven geht.

Wenn ich in ein Auto steige und eine längere Strecke vor mir habe, dann will ich ankommen! So schnell wie möglich. Und wenn ich Entschleunigung brauche, dann entscheide ich selbst, wann ich mich entschleunigen will. Von einem technischen System quasi vorgegebene Momente der "Entschleunigung" sind kein Vorteil. Das ist eher ein Nachteil, denn diese Entschleunigung wird mir aufgezwungen, wenn ich sie evtl. weder brauche noch haben will. Wie gesagt, ich will ja ankommen, wenn ich in ein Auto steige. 

Und wenn ich Zeit habe und mich "entschleunigen" will, kann ich jederzeit mit einem Verbrennermotor eine Pause einlegen. Wann ich will...

Zurück zum "beeindruckenden Tesla".

Ganz toll findet der Autor das schnelle Laden an den Tesla-Superchargern.

"Freie Tesla-Lader werden in Echtzeit im Navi angezeigt... Ich rolle stets an eine leere Säule, lade in der Spitze mit fast 160 kW und bin wieder weg, bevor ich mich langweile. Mal 15 Minuten, mal 20. So funktioniert E-Mobilität."

Wow, stellen Sie sich mal einen Fahrer eines Verbrenner-Autos vor, der folgendes sagt: "Ich fahre an eine beliebige Tankstelle, die mir nicht mal im Navi angezeigt werden muss, finde fast immer sofort eine leere Säule, tanke 50 Liter in 2 Minuten, bezahle und bin wieder weg. So funktionieren Verbrenner-Autos."

Undenkbar eigentlich. Der Autor lobt also eines der selbstverständlichsten Dinge, die mit einem Auto möglich sein müssen, nämlich das "Auftanken" und freut sich dabei noch, daß er sich nach 15-20 Minuten Ladezeit nicht langweilt? Oh man...

Im Test wird dann noch das stuckerige Fahrwerk erwähnt und die tollpatschige Verkehrszeichenerkennung und Assistenzsysteme, die in manchen Fällen nicht wissen, was sie machen sollen. Und das alles bei einem Auto für über 50.000 Euro. Ein Fahrer eines Audi A6 TDI oder eines 5er BMW wird hier nur den Kopf schütteln. 

Aber diese Probleme sind angeblich vergessen, "sobald die Vorkonditionierung ein paar Kilometer vor der nächsten Ladung den Akku vorbereitet". Also wenn das Auto sich selbst auf das "Laden" vorbereitet.

In meinem TDI bereitet sich mein Auto nicht auf den nächsten Tankvorgang vor, sondern gibt mir den eher überflüssigen Hinweis, daß ich noch 80 Kilometer Restreichweite habe, was ich aber anhand der Tankanzeige und der Erfahrung mit meinem Auto selbst weiß.

Am Ende resümiert der Autor, daß "Laden im Tesla beeindruckend ist und gute Laune macht - im Gegensatz zu vielen anderen E-Autos".

Das ist also das Besondere an einem Tesla? Daß er gut laden kann? Wow.

Soll ich jetzt nach jedem Tankvorgang mit meinem TDI auf den Boden knien, ob der genialen Erfindung, einen flüssigen Energieträger in einem Bodentank zu lagern, diesen mit Hilfe einer technischen Einrichtung (Tanksäule) und einem Tankschlauch mit einem Auto zu verbinden und in 2 Minuten 50 Liter Flüssigkeit ziehen zu können? Und zwar mit JEDEM Verbrenner? Egal von welcher Marke?

Übrigens will Tesla jetzt nach und nach seine Supercharger auch für andere Marken freigeben. Ob es sich dann immer noch problemlos laden lässt wie jetzt, bleibt noch abzuwarten.

Also ein wenig mehr Ehrlichkeit und Realitätssinn wäre bei der Berichterstattung über E-Autos schon angebracht. Es ist noch immer so: trotz hoher Subventionen und einem ideologisch eingefärbten guten Gewissen sind E-Autos noch immer vor allem etwas für Wohlhabendere mit eigener Ladesäule oder für Leute, die das Auto netto bezahlen und über die Firma laufen lassen. Für die Masse der Bevölkerung ist das E-Auto keine Alternative.

Aber vielleicht ist es ja wirklich so, wie mal irgendwer gesagt hat: E-Mobilität bedeutet nicht, daß 90% der Menschen ein E-Auto fahren werden, sondern daß 90% der Menschen gar kein Auto mehr fahren werden.

Und wenn die Automobilindustrie irgendwann die Herstellung von Verbrennungsmotoren eingestellt hat und dann evtl. die Rohstoffe für die Batterien knapp werden, erfüllt sich sogar der grüne Traum vom Ende des Individualverkehrs.

Immerhin warnen immer mehr Autobosse davor, daß ein Mangel an Batterie und Rohstoffen drohen könnte. So etwa der Chef von Stellantis, Carlos Tavares. Oder auch der scheidende VW-Chef Herbert Diess. Auch BMW-Chef Oliver Zipse sieht ein Problem in der Rohstoffversorgung.

Der Chef von Toyota Akio Toyoda warnt zudem vor einem massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen in der Automobil- und Zuliefererindustrie, weil E-Autos vergleichsweise weniger komplex in der Konstruktion und Herstellung sind.

Zwar gab es schon immer Warnungen, daß durch neue Technologien Arbeitsplätze verloren gehen und schon immer wurden dabei auch neue Arbeitsplätze geschaffen, allerdings waren diese Umbrüche stets getrieben vom Markt. Unternehmen boten den Kunden mit neuen Technologien einen Vorteil, der wiederum zu neuen Arbeitsplätzen rund um die neue Technologie oder ihre Erweiterung/Verbesserung führte.

Beim E-Auto haben wir es allerdings mit einem politisch und ideologisch getrieben Wechsel zu tun, der nicht durch eine Nachfrage oder Verbesserung eines bestehenden Produktes verursacht wurde. Denn der simple Austausch des Antriebskonzeptes bedeutet nicht zwangsläufig eine Verbesserung. Die Probleme (Reichweite, Ladeinfrastruktur, Rohstoffe) sind ja sichtbar. Und E-Autos sind ja genaugenommen keine neue Erfindung. Es gab sie bereits zu Beginn der Geschichte des Automobils. Ihre Nachteile im Alltag, die eben für die meisten Menschen entscheidend sind, haben jedoch dazu geführt, daß sich der Verbrennungsmotor als Otto- oder Dieselmotor durchgesetzt hat.

Staatlich verursachte Änderungen im Markt haben noch nie nachhaltig gewirkt und haben immer zu einer Fehlallokation von Ressourcen geführt. Es gibt eigentlich keinen Grund anzunehmen, daß es diesmal nicht auch so sein wird.



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