Freitag, 12. August 2022

"Wo ist Lotte?"

"Wo ist Lotte?" ist nicht etwa der Titel einer neuen deutschen Komödie von Till Schweiger, sondern ein Codewort.

Ja, richtig. Ein Codewort.

Codewörter dienen meist dazu, irgendwo Einlass zu bekommen, weil man mit diesem Wort zum Ausdruck bringt, zum "Inner Circle" derjenigen zu gehören, die einfach dazugehören.

Manchmal verwendet man Codewörter auch, um irgendwas zu umschreiben, was man nicht direkt aussprechen will, sei es aus sprach-ästhetischen oder humoristischen Gründen.

"Wo ist Lotte?" ist nun ein Codewort im Stadion. Im Fußballstadion. Nicht in jedem, sondern in dem vom sog. "Big City Club" Hertha BSC aus Berlin.




Dieses Codewort gehört zu einem sog. "Schutzkonzept", daß der Verein ab dieser Saison eingeführt hat.

https://jungefreiheit.de/kultur

https://www.tagesstimme.com

https://www.herthabsc.com

Der Verein äußert sich dazu so:

"Diskriminierung jeglicher Art - wie Sexismus, Rassismus oder Queerfeindlichkeit - ist leider immer noch ein Problem in unserer Gesellschaft und auch im Fußball. Diskriminierenden und grenzüberschreitenden Übergriffen am Spieltag wollen wir als Verein von nun an noch entschlossener entgegenwirken und den Betroffenen Hilfe bieten."

Boah, da muss man ja aufpassen, daß man nicht schon beim Lesen auf diesem woken Schleim ausrutscht. Was soll dieser Scheiß?

Da haben sich wieder mal Leute in den Vordergrund gedrängelt, die im richtigen Leben nichts Anständiges auf die Reihe kriegen und mit dem Zug des Zeitgeistes mitfahren und von Fußball oder der Realität in einem Fußballstadion keine Ahnung haben. 

Und wow! Da muss es ja im Berliner Olympiastadion in der Vergangenheit mächtig zur Sache gegangen sein, wenn man solch eine Aktion startet. Mitbekommen hab ich als interessierter Fußballfan davon nicht viel, abgesehen von den üblichen, gelegentlichen Kloppereien zwischen entsprechenden Fangruppen und der Fußballfolklore auf den Rängen, wo es einfach zu einem guten Fußballspiel dazu gehört, den Gegner, seine Fans und den Schiri zu beleidigen.

Soll das jetzt der Vergangenheit angehören? Will die Hertha jetzt dagegen angehen?

"Der Schutz von Betroffenen steht hierbei im Mittelpunkt. Am Spieltag sind Helferinnen und Helfer vom „Team Lotte“ in auffälligen pinken Westen im Stadionumlauf unterwegs, zudem gibt es einen Schutzraum."

Gute Güte... da laufen jetzt also Menschen in Pink durch's Stadion und sollen irgendwie zur Stelle sein, wenn jemand belästigt, beleidigt, bedroht usw. wird? Aber erst im Nachhinein, also wenn die Belästigung, Beleidigung, Bedrohung schon passiert ist. Oder greifen die auch ein, wenn sich ein paar Kategorie C-Fans uneins sind?

Muss ich mir das dann im Extremfall so vorstellen, daß ein Besucher, der irgendwie eins auf die Nase bekommen hat, zum nächsten Ersthelfer in Pink läuft und ihm "Wo ist Lotte?" zuruft, während er sich das Blut von der Nase wischt? Ich meine, er könnte ja auch einfach um Hilfe rufen oder einem der bereits in großer Zahl vorhandenen Stewards und Fanbetreuer sagen, daß er gerade verprügelt wurde. Aber nein, das Codewort lautet "Wo ist Lotte?".

Was ist, wenn ein Betroffener von dieser neuen Aktion nichts weiß und einen pinkfarbenen Helfer um Hilfe bittet? Sagt der dann: "Wie ist das Codewort? Sag das Codewort!" 

Und der arme Verprügelte weiß nicht, wie das Codewort ist und wird dann allein zurückgelassen? Und er darf dann nicht in den Schutzraum, weil er das Codewort nicht kennt. Oder was, wenn er den Namen vergessen hat und fragt "Wo ist Hotte?" Darf er dann auch nicht in den Schutzraum?

Und vor allem: "Schutzraum". Geht's noch?

Wenn ich das Wort Schutzraum höre, denke ich an einen Bunker, in dem man Bombenangriffe überlebt oder im weiteren Sinne an sowas wie Frauenhäuser, in denen Frauen vor ihren gewalttätigen Männern sicher sind. Von mir aus auch umgekehrt.

Aber ein "Schutzraum" in einem Stadion? Was soll dieser Scheiß? "Schutzraum"? Können diese Weicheier mal die Kirche im Dorf lassen?

Wie groß ist dieser Schutzraum eigentlich und wieviele Leute haben darin Platz und hängt dort ein Fernseher? Also wenn es zu einer Klopperei zwischen Fans kommt, können dann hinterher die Unterlegenen den Rest des Spiels im Schutzraum sehen? Und wer geht überhaupt in ein Stadion, um in einen Schutzraum zu gehen, wenn er doch ein Spiel sehen will?

Mir fällt es wirklich schwer, Beispiele zu finden, wo dieses tolle "Schutzkonzept" Anwendung finden könnte. Ich hab ja mit dem Extrembeispiel einer Prügelei begonnen. Das fällt aber an sich schon aus, weil bei jeder Prügelei im Stadion (die eh so selten ist wie ein queerer Fußballfan) die Ordner oder gar die Polizei sofort einschreiten. Und dann landen die Delinquenten ohnehin erstmal in einem "Schutzraum". Bei der Polizei. Und wenn ich vor dem Stadion eine auf's Maul kriegen würde, dann suche ich doch nicht nach einem pinkfarbenen Helferlein, sondern im Zweifel nach einem Sanitäter, der meine blutende Lippe oder Nase versorgt. Und danach gehe ich ins Stadion und schaue das Spiel, wenn ich noch kann.

Glauben die im Ernst, eine Gestalt in Pink würde jemanden abschrecken, Gewalt auszuüben? Und wenn Gewalt ausgeübt wird, gibt es jetzt auch schon Hilfe und Möglichkeiten. Ordner, Polizei, Sanitäter... wer braucht da noch einen pinken Seelsorger?

Also muss es wohl um "Vorfeldaggressionen von Gewalt" gehen, wie Beleidigungen oder Bedrohungen.

Wie darf ich mir das bitte vorstellen? Geht der komplette Gästeblock von RB Leipzig geschlossen in den Schutzraum, wenn der allgemein beliebte Schmähgesang "Ihr seid Sachsen, asoziale Sachsen, ihr schlaft unter Brücken oder in der Bahnhofsmission" angestimmt wird? Oder gehen dann die pinkfarbenen Betreuer in den Block und weisen die Schmäh-Sänger darauf hin, daß ihr Gesang bei den gegnerischen Fans Unwohlsein auslösen könnte?

Oder was ist gar bei dem beliebten Gesang "Alle Bullen sind Schweine", bei dem gleichzeitig die Fans von RB Leipzig (wegen Red Bull) beschimpft werden und auch (versteckt) die Polizei im Stadion? Werden die Einsatzkräfte in ihrer martialischen Schutzkleidung dann von pinken Mitgliedern vom "Team Lotte" in den Schutzraum des Stadions begleitet? Braucht die Polizei dann Hilfe und Betreuung? Oder gar die Spieler von RB Leipzig?

Was ist, wenn der Schiedsrichter mal wieder, wie üblich, beleidigt oder massiv ausgepfiffen oder des Betrugs verdächtigt wird? Laufen dann pinke "Lotterinchen" auf den Platz und geleiten den Schiedsrichter in den Schutzraum, von wo aus er dann den Rest des Spiels leitet?

Was ist mit dem beliebten Schlachtruf "Scheiß DFB", der gern gemeinsam auch von gegnerischen Fanlagern angestimmt wird? Stehen pinke Helferlein auf Abruf bereit, um etwa den Bundestrainer, der evtl. im Stadion und ja auch irgendwie Vertreter des DFB ist, zu "betreuen"?

Also physische Gewalt oder die zur Stadion-Folklore gehörenden Schmährufe werden wohl kaum Gegenstand dieses "Schutzkonzepts" sein. Nein, es wird viel mehr wieder mal um den Graubereich der Beleidigungen gehen. Das ist die Spielwiese der woken Weltverbesserer, die überall Mikroaggressionen wittern und sich von Worten verletzt fühlen.

Wenn also der Schichtarbeiter aus dem Schlachthof, der den Stadionbesuch zum Dampfablassen nutzt und braucht, dem gegnerischen Spieler, der sich nach einem Foul vermeintlich zu lange auf dem Rasen suhlt "Steh auf, du Schwuchtel!" entgegen brüllt und sich in Hörweite ein Vertreter der sog. "LGBT"-Fraktion befindet und vom Wort "Schwuchtel" beleidigt fühlt, obwohl er, für jeden deutlich erkennbar, nicht gemeint ist, dann geht der in seinem "sicheren Stadionerlebnis" gestörte Homo zum pinken Helferlein und beschwert sich darüber, daß das Wort "Schwuchtel" gerufen wurde?

Und der arme Schichtarbeiter, der im wahren Leben vielleicht mit einem schwulen Kollegen super zusammenarbeitet kriegt dann Stadionverbot, weil er mal "Dampf abgelassen hat"? Denn Sinn dieses "Schutzkonzeptes" kann ja nicht nur sein, im Nachhinein die sog. "Betroffenen" zu betreuen, sondern es soll ja auch künftig derartige Vorfälle verhindern. Also läuft es auf's Anscheißen hinaus. Und da ja nun wirklich jeder behaupten kann, sich von irgendetwas beleidigt zu fühlen, sind der Denunziation im Stadion Tür und Tor geöffnet.

Tatsächlich wird es am Ende nicht so weit kommen, jedenfalls nicht sehr oft. Denn wer ins Stadion geht, weiß meistens, was ihn erwartet. Und oft regeln die Fans die Dinge auch einfach unter sich. Ein permanenter Pöbler wird dann einfach mal mit einem "Jetzt halt doch mal deine Fresse" zur Ordnung gerufen. Ganz ohne pinkes Leibchen oder Schutzraum.

Wer einen Helfer mit pinkfarbenem Leibchen oder einen Schutzraum wegen Beleidigungen benötigt, geht sowieso eher selten ins Stadion.

Und ganz ehrlich: die Zeiten, wo schwarze Spieler mit Affenrufen begleitet wurden, sind so gut wie vorbei. Und wenn so etwas doch ausnahmsweise mal passiert, dann wird das heute eh schon meistens gemeldet und im Sportfernsehen wird daraus ne große Nummer gemacht, weil jeder bei diesem "Wettrüsten des Gutseins" dabei sein will.

Und schwarze oder asiatische oder arabisch aussehende Fußballfans sind heute eine Selbstverständlichkeit im Fanblock und keiner wird deswegen mehr angepöbelt, es sei denn, es ist Alkohol im Spiel, wo man dann das "Gesagt" eh nicht ernst nehmen sollte.

"Vor Ort gibt es eine psychosoziale Notfallbetreuung und es bestehen Kontakte zum Sanitätsdienst. Darüber hinaus können wir Betroffene an ausgebildete Partnerorganisation weiterleiten, die über die „erste Hilfe“ und den Spieltag hinaus professionelle Betreuung gewährleisten."

Oh Mann... "psychosoziale Notfallbetreuung" und "erste Hilfe" und "professionelle Betreuung über den Spieltag hinaus".

Geht's noch?

Hören sich diese Leute eigentlich mal selbst zu? Man könnte meinen, die reden über traumatische Ereignisse aus dem aktuellen Krieg in der Ukraine. Aber nein, die reden von einem Fußballspiel!

"Und, wie war das Spiel am Samstag?"

"Ach, hör bloß auf. Mein Nachbar hat mich als Arschloch beschimpft, weil ich ihm aus Versehen etwas Stilles Wasser auf sein Trikot gekippt habe - die haben da ja nicht mal Chai Latte - und jetzt hab ich 10 Termine beim Psychiatrischen Dienst. Ich bin noch ganz durcheinander."

"Ach, du Armer. Ich kenn' das. Ich hab letztens beim Torjubel Bier abbekommen und meine Haare waren ganz nass und haben nach diesem ekligen Zeug gerochen und als ich den Mikroaggressor gebeten habe, doch bitte etwas vorsichtiger zu sein, hat er mich angeschnauzt und gesagt, ich solle mich doch verpissen. Ich kriege heute noch Herzrasen, wenn ich daran denke."

"Ja schrecklich, diese Fußball-Asis."

Nochmal zurück zu diesem Codewort "Wo ist Lotte?"

"Die Nutzung des Codewortes soll die Hemmschwelle senken, einen Übergriff anzusprechen. Das informierte Personal stellt dann Kontakt zum geschulten “Team Lotte” her, das euch entweder zum Schutzraum bringt oder anderweitig hilft, je nach euren Bedürfnissen. Darüber hinaus könnt ihr selbst auf direktem Weg das “Team Lotte” kontaktieren oder den Schutzraum in Block O aufsuchen."

"Hemmschwelle, einen Übergriff anzusprechen?"

Was denn für eine Hemmschwelle? Ich soll also "Wo ist Lotte?" rufen, wo doch eh irgendwann jeder weiß, daß damit ein Übergriff gemeldet werden soll. Wem ist damit geholfen? Es weiß doch dann jeder, was mit "Wo ist Lotte?" gemeint ist. Da kann ich doch gleich sagen, was los ist.

Und wieso soll ich mich nicht trauen, einem Ordner zu sagen, daß mich gerade jemand beleidigt oder bedroht hätte? Wenn ich das "Codewort" verwende, muss ich ja später eh sagen, was vorgefallen ist, um den Sachverhalt aufzuklären. Oder reicht es etwa, das Codewort zu sagen und man bekommt seelsorgerische Betreuung? Ist das ein weiterer Auswuchs dieses gestörten Ansatzes, jeden, der sich in der Opferrolle wohlfühlt, als Opfer ernst zu nehmen? Egal, was eigentlich passiert ist?

Und wenn mich ein paar andere Fans bedrohen, dann gehe ich entweder weg oder bitte die Umstehenden um Hilfe (wobei Fans im Stadion eh meist eingreifen, wenn sich zwei oder drei streiten und versuchen, zu schlichten) oder rufe die Ordner. Und die klären das dann. Da gehe ich doch nicht zu einem Männchen/Weibchen in pink und sage "Wo ist Lotte?", nur um mir dann seelische Streicheleinheiten abzuholen.

In welcher Welt leben diese Spinner eigentlich? Die sehen überall nur Opfer und Gefahren und traumatisierende Ereignisse. Dabei reden wir immer noch von einem Fußballstadion, wo gern mal 60-70.000 Menschen versammelt sind. Da kommt es eben immer wieder mal zu Reibereien. Die sind aber so selten, daß das kaum jemandem auffällt.

Also eigentlich handelt es sich hier mal wieder nur eine neuen Auswuchs des woken Zeitgeistes, bei dem jeder ein Opfer der Gesellschaft sein und sich darin so richtig ausleben darf. Und dann sind da Leute, die sich den ganzen Unsinn ausgedacht haben und eine Beschäftigung gefunden haben, bei der sie sich total wichtig und gut vorkommen und dann gibt es die Heuchler des Vereins, die sich mit dieser Aktion schmücken und Sozialpunkte verdienen wollen.

Der Verein ist sich nicht mal zu blöd, darauf hinzuweisen, daß ein ganzes Projektteam dieses "Hilfsangebot" in einem Zeitraum von anderthalb Jahren "ausgearbeitet" hat.

Anderthalb Jahre für pinke Westen und einen Schutzraum, den kaum jemand braucht? Wow! Mir wäre das peinlich, wenn ich anderthalb Jahre über so einem Nicht-Thema hocken und den Kopf zerbrechen würde und dann pinke Westen und ein Schutzraum das Ergebnis sind.

Geht's noch lächerlicher? Dabei auch noch von einem "Konzept" zu sprechen, grenzt schon an Größenwahn.

"„Als Hauptstadtclub ist es unser Ziel und unsere Verantwortung, allen Stadionbesuchenden ein schönes Spieltagserlebnis zu bieten, bei dem sie sich wohl und sicher fühlen. Das Konzept „Wo ist Lotte?“ stellt einen wichtigen Schritt zu einem sicheren Stadionerlebnis für alle dar“, unterstreicht unser Geschäftsführer Thomas E. Herrich die Wichtigkeit einer solchen Initiative. Unser Projektteam wird das Hilfsangebot nach und nach weiterentwickeln und, wenn nötig, weiter anpassen."

Das Hilfsangebot nach und nach weiterentwickeln? Das klingt ja nach einer Drohung. Was soll da noch kommen? 

Gibt es da eine Waschstation, wenn mir jemand Senf auf die Kleidung schmiert? Oder kann ich mir einen Schirm gegen Bierduschen ausleihen? Oder Werden vor dem Spiel und in der Halbzeitpause verbotene Wörter auf der Anzeigetafel angezeigt oder gibt es Kurzfilme über die Opfer von Beleidigungen in früheren Spielen? Man könnte eine Art Reality Soap daraus machen und bei jedem Heimspiel gibt es eine neue Folge in der Halbzeit. "Mein Weg aus der Krise - wie ich durch das "Team Lotte" zurück ins Leben fand."

Am Ende der Saison werden die berührendsten Momente als DVD verkauft oder zum Download im Fanshop angeboten. Ein Euro der Einnahmen geht ans "Team Lotte".

Man könnte in der Halbzeit auch kurze Filmchen wie "Der Mensch Schiedsrichter" zeigen, wo man Ausschnitte aus dem Privatleben der Schiris sehen kann, um eine emotionale Nähe aufzubauen und kränkende Beleidigungen zu verhindern.

Am Eingang bekommt man ein Merkblatt mit zulässigen und unzulässigen Sprüchen und Rufen und man muss eine Erklärung unterschreiben, daß man Beleidigungen jeglicher Art unterlässt.

Die moderne Technik bietet sicher auch gute Überwachungsmöglichkeiten, um wirklich jeden Anflug von verbaler oder physischer Mikro-Aggression im Keim zu ersticken.

Das wird ein Spaß. Da geht man dann noch gern ins Stadion.




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