Samstag, 15. Februar 2025

Fortschritt? Hm...

Ich werfe ja hin und wieder einen Blick auf den Stand der Elektro-Mobilität, ob sie inzwischen die schon lange gegebenen Versprechen einlösen kann.

Eines der Versprechen war ja, daß sich durch Wettbewerb und technischen Fortschritt die Reichweiten der E-Autos verbessern werden.

Nun, das wäre ja schön, denn die Reichweite ist immer noch - im direkten Zusammenhang mit der Ladeinfrastruktur - das größte Hemmnis für E-Autos. Wie sieht es denn aktuell aus?

Üblicherweise setzt sich in der Automobilindustrie technischer Fortschritt erst bei den teuren Autos aus, in der Ober- und Luxusklasse. Dort sind zahlungskräftige Kunden bereit, für neueste Technik und für Status viel Geld zu bezahlen. Dieses Geld wird dann investiert, um Neuerungen auch in den unteren Klassen einzuführen.

Da passt es ganz gut, daß die Auto-Bild gerade Porsches elektrisches Topmodell Taycan mit der optionalen, stärkeren Batterie einem kleinen Alltagstest unterzogen hat.









Um es vorweg zu nehmen: Fortschritt ist hier nicht erkennbar.

Also keine Frage: das ist ein geiles Auto! Ingenieurskunst auf höchstem Niveau, Verbrenner hin, Elektro her. Die wissen bei Porsche, wie man Autos baut.

Aber es geht mir ja um die Reichweite.

Der Akku hat eine Kapazität von 97kWh. Das ist für E-Autos beachtlich. Die Leistung beträgt 598 PS in der Spitze, wobei "nur" 238 davon als Dauerleistung zur Verfügung stehen. Das Motormanagement regelt halt, um eine halbwegs brauchbare Reichweite zu bekommen.

Wie hoch ist die Reichweite nun? Im Test von Auto-Bild waren es 409 km. Darin enthalten sind sportliche Autobahnfahrten, gemütliche Landstraßenfahrten und Stop and Go im Stadtverkehr.

Übrigens bedeuten die 409 km eine Abweichung von -30% von der offiziellen Werksangabe entsprechend dem WLTP-Test!

Minus 30%!!!

Ich kann mich an Gerichtsurteile vor einigen Jahren erinnern, wo Fahrer von Verbrennerfahrzeugen vom Kaufvertrag zurücktreten konnten, weil ihr Auto mehr verbrauchte als der Hersteller offiziell angegeben hatte. Laut BGH konnte man schon bei einer Abweichung über 10% zurücktreten. Diese Meldungen waren damals in den Medien weit verbreitet.

Und hier haben wir 30% Abweichung! Und das ist ja kein Einzelfall, sondern die Abweichung zwischen WLTP-Angabe und Realität liegt bei den meisten E-Autos im Bereich von 20-30%. Verschiedene Tests unterschiedlicher Autozeitungen haben das ergeben. Aber das wird irgendwie einfach hingenommen, weil in diesem Fall alle auf einmal so schlau sind, zu wissen, daß der standardisierte amtliche Test eben nur der Vergleichbarkeit dient und nicht den realen Verbrauch angeben soll. Bei Benzinern und Dieseln war man damals nicht so schlau. Und während es sich bei Verbrennern eher um Ausnahmen handelt, ist es bei E-Autos der Standard!

Eine amerikanische Untersuchung kommt auf Abweichungen bei E-Autos von im Schnitt 12,5%, je nach Fahrverhalten und Wetter kann es aber auch viel mehr sein.

Bisherige Gerichtsurteile dazu sind mir noch nicht untergekommen. Und auch in den Medien wird das nicht so angeprangert. Könnte natürlich daran liegen, daß E-Autos irgendwie für eine gute Sache stehen und E-Autofahrer eher Überzeugungstäter sind. Die nehmen das halt inkauf bei der Rettung der Erde.

Im Sparmodus würde der Verbrauch des Porsche übrigens bei 18,3 kWh/100km liegen, was zu einer Reichweite von etwa 530 km führen würde. Aber erstens: wer fährt mit so einem Auto schon so, daß er möglichst sparsam unterwegs ist und zweitens: nach den ca. 530 km wäre der Akku vollständig leer. In der Realität hat man also weniger Reichweite, weil nun nicht genau nach 530 km eine Ladesäule auf einen wartet. Außerdem soll man ja die Akkus auch nicht komplett leerfahren (und übrigens auch nicht komplett aufladen, jedenfalls nicht an einem Schnelllader). Nicht umsonst geben die Hersteller die Ladezeit immer für eine Batteriefüllung von 20 auf 80% an. In der Realität hat man also unterwegs nur 60% der Kapazität zur Verfügung. Das wären bei 530 km rechnerischer Reichweite im Sparmodus noch etwas mehr als 300 km.

Na toll.

Bewegt man den Porsche so, wie man einen Porsche bewegt und fährt zügig auf der Autobahn, dann genehmigt sich die Karre 33,5 kWh/100 km. Das führt dann bei vollem Akku zu einer theoretischen Reichweite von unter 300 km! Da der Akku meist nicht voll ist und unterwegs auch nicht voll geladen wird, hat man noch weniger Reichweite!

Die Auto-Bild hat auch das vor einer Weile im Alltagstest belegt, als sie mit einem Porsche Taycan 4.568 km von L.A. nach New York gefahren sind. Sie brauchten 17 (!!!) Ladestopps. Alle 270 km! Und man darf ja in den USA nicht schneller als etwa 110 km/h fahren und die haben sich auch dran gehalten.

Also da kaufst du dir ein Auto für etwa 150.000 Euro (mit etwas sinnvoller Zusatzausstattung) und dann musst du alle 270 km für etwa 20-30 Minuten irgendwo ranfahren, um nachzuladen. Oder du hängst es jeden Abend an eine Wallbox und lädst über Nacht, was auf Reisen aber nicht immer möglich ist.

Fortschritt? Kann ich hier bzgl. der Reichweite nicht erkennen.

Okay, jetzt kann man sagen, daß der Taycan ja kein Auto für den Durchschnitts-Autofahrer ist, der ja die Verkehrswende mit seinen 45.000 Jahresbrutto umsetzen soll.

Der kauft sich ja kleinere Autos, die nicht so schwer sind und die man auch nicht so fährt wie einen Porsche. Da sollte doch die Reichweite etwas besser sein.

Auch da hilft die Auto-Bild mit regelmäßigen Tests.




Wir sehen hier den Jeep Avenger Elektro. Noch halbwegs bezahlbar, aber mit einer Reichweite im Alltagstest von 274 km und einer Ladezeit von etwa einer halben Stunde.

Wir sehen auch den schon sehr viel teureren BMW i4 mit 386 km Reichweite und ebenfalls etwa einer halben Stunde Ladezeit, um danach auch nur 80% der Kapazität zu haben.




Dann schließlich noch der Mini Cooper E, der in der offenbar günstigsten Akkuversion auf gerade mal 212 km Reichweite kommt! Und dann dauert es ebenfalls etwa eine halbe Stunde, bis man 80% der Kapazität nachgeladen hat. Die 212 km sind übrigens 100%! Jetzt denk dir davon 80% und wie oft du unterwegs nachladen darfst.

Von Fortschritt also auch hier nichts zu sehen.

Oben haben wir ja schon den BMW i4 gesehen. Der kostet über 60.000 Euro und kommt im Test auf 386 km Reichweite.

Ein etwas billigerer BMW X3 Turbodiesel hat im Auto-Bild-Test eine Reichweite von 952 km erzielt.






Nun sagen die E-Auto-Fans dann immer, daß es gar nicht so sehr auf die Reichweite ankommt, weil man im Schnitt eh nur 40km an Tag fährt und auf Reisen niemand 1.000 km am Stück abreißt.

Ja und Nein!

Der Durchschnitt ist der Durchschnitt. Bei zwei Autofahrern, die 20 und 60 km am Tag fahren, beträgt der Schnitt auch 40 km. Oder bei 10 und 70 km. Und da sieht die Situation für den, der mehr fährt, ganz anders aus als bei dem, der weniger fährt. Schlimm, daß man sowas überhaupt erklären muss.

Und richtig, niemand reißt 1.000 km am Stück ab. Aber wenn man unterwegs ist und zügig  Strecke machen will, um am Ziel anzukommen, macht es schon einen Unterschied, ob man alle 200-300 km gezwungen wird, für eine halbe Stunde Pause zu machen oder ob man nach 500 km für 10 Minuten an die Tanke fährt, tankt und einen Kaffee trinkt. 

Und dazu kommt: die meisten Menschen in Deutschland leben nicht im eigenen Haus, wo sie ihr E-Auto jeden Abend an die Wallbox klemmen könnten, so daß die Karre am nächsten Morgen aufgeladen ist. Die meisten Menschen leben in Mietwohnungen in Städten, wo sie ein bis zweimal pro Woche irgendwo für eine halbe Stunde an einer Ladesäule festsitzen würden (wenn die nicht gerade vom Nachbarn besetzt ist), um ihr Auto zu laden. Diese Zeit haben die meisten nicht, bzw. wollen diese Zeit nicht investieren, wenn man mit einem Verbrenner alle 2 oder 3 Wochen für 5 Minuten tanken muss.

Ein Beispiel habe ich noch.

Tesla hat gerade sein Erfolgsmodell Y überarbeitet.

Schick sieht er aus, wirklich! Wobei Design noch nie das Problem von Tesla war, auch wenn der "SUV" Modell Y immer ein wenig wie eine schwangere Kuh aussah. Aber das neue Modell haben sie länger und breiter gemacht, was der Optik sehr zugute kommt.






Dies war noch kein Test von Auto-Bild, sondern nur eine Neuvorstellung mit Werksangaben.

Also schauen wir mal auf die Angaben, galt doch Tesla bisher als der Hersteller, der die größten Reichweiten im Alltagsbetrieb erzielen konnte.

Das günstigere Modell mit kleinerem 62,5 kWh-Akku kostet etwa 45.000 Euro und kommt auf eine WLTP-Reichweite von 466 km. Ziehen wir mal 15% ab, um die übliche Abweichung abzubilden, kommen wir nur noch auf knapp 400 km. Da üblicherweise nur 60% der Kapazität nutzbar sind (siehe oben), kommt man auf ca. 250 km. Dann muss nachgeladen werden.

Im Auto-Bild-Beitrag wird angegeben, daß man am Schnelllader (also eine Ladesäule an der Autobahn) beim kleineren Modell in 15 Minuten 229 km Reichweite nachladen kann. Na toll. Nach weiteren 229 km ist es also ratsam, wieder für 15 Minuten zu unterbrechen, vorausgesetzt, daß genau dann eine Ladesäule verfügbar ist.

Mir ist klar, daß man im Alltag irgendwie einen Weg findet, immer ausreichend Kapazität im Akku zu haben, es bleibt aber dabei, daß es erheblich mehr Zeitaufwand bedeutet als mit einem Verbrenner.

Und teurer sind E-Autos in den meisten Fällen noch obendrein!

Also der Fortschritt lässt da irgendwie noch auf sich warten.

Abzuwarten bleibt aber sowieso, ob das ideologisch geprägte Verbrenner-Verbot und der ebenfalls ideologisch geprägte E-Auto-Hype den Wählertest bestehen werden.

Gesetze können nämlich auch wieder geändert werden. Es braucht nur andere Regierungen.




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