Montag, 10. Februar 2025

Trump und der Panama-Kanal: wie Geopolitik funktioniert.

Bin bei der Epoch Times auf ein tolles Interview zu Hintergründen zu Trumps aktuellen Äußerungen zum Panama-Kanal gestoßen. Ein politischer Analyst mir hervorragender Kenntnis der Situation in lateinamerikanischen Staaten gibt Einblicke in die geopolitischen Hintergründe und die Gründe für das amerikanische Interesse am Kanal. Das Gleiche gilt für Grönland. Hoch interessant.




Da die Epoch Times solche tollen Interviews leider hinter einer Abo-Schranke "versteckt", habe ich mal versucht, die wichtigsten Informationen zusammenzufassen.

Der Interview-Gast ist Joseph Humire, vorgestellt als Experte für Lateinamerika und asymmetrische Kriegsführung.

Der große Rahmen ist die Ansicht von Trump, daß die USA den Panama-Kanal und andere wichtige Wasserwege kontrollieren sollten, die wichtig sind für Amerikas grundsätzliche nationale Sicherheitsinteressen.

Das worst-case-Szenario wäre, daß China den Panama-Kanal blockieren könnte und die USA keine Möglichkeiten eines schnellen Eingreifens mehr hätten, wenn sie entsprechende Kräfte nicht mehr vom Atlantik in den Pazifik verlegen könnten.

In dem Interview werden die geopolitischen Grundlagen dargelegt und das Risiko für die USA, wenn China, Russland und der Iran ihren Einfluss in bestimmten Gebieten, wie dem Panama-Kanal oder Grönland, vergrößern.

Für Trump ist das eine Diskussion um die Sicherheitsinteressen der USA, die finanzielle, ökonomische und militärische Aspekte beinhaltet. Trump und seine Administration richten ihren Fokus jetzt auf die nähere Umgebung der Vereinigten Staaten, etwas, das vergangene Administrationen vernachlässigt haben, bis weit zurück ins 20. Jahrhundert. US-Außenpolitik hat sich im Prinzip für jeden Teil der Welt interessiert, außer den, in dem die Amerikaner leben. Der Teil, mit dem sie am meisten handeln, in dem sie am meisten verreisen und zu dem sie auch die meisten Verbindungen und Beziehungen und das meiste Verständnis haben. Präsident Trump ist der Meinung, daß man nicht die Sicherheit der unmittelbaren Heimat gewährleisten kann, wenn die unmittelbare Umgebung gefährdet ist.

Und China nähert sich auf verschiedene Weise der unmittelbaren Umgebung der USA, eben im Panama-Kanal und über Kanada auch in der Arktis.

Für Trump und die USA sind das unmittelbare Sicherheitsfragen. Man muss Vorsorge treffen, daß Staaten wie China oder Russland gar nicht erst in die Lage kommen, vor der Haustür der USA einen Erstschlag auszuführen oder die Handelswege zu blockieren.

In der Arktis breiten sich China und Russland Schritt für Schritt aus.

Im Interview werden immer wieder Bilder von Artikeln in kleinen und großen westlichen Medien eingeblendet, die sich seit Jahren mit diesem Thema befassen. Ein Beispiel:




Und aktuell noch wichtiger ist der Panama-Kanal, an dem sich China in den letzten Jahren Schritt für Schritt ausbreitet. Und die Frage ist: kann China den Kanal kontrollieren oder blockieren? Und auf diese Fragen gibt es keine klaren schwarz-weiß-Antworten.

Fakt ist aber, daß China jeden Tag Einfluss in Panama gewinnt. Panama selbst redet nicht offen darüber, weil sie eine Menge Handel mit China treiben und profitieren. Und was China dabei angeht, geht es nicht nur um ökonomische Aspekte sondern auf jeden Fall auch um militärische.

China vermischt diese beiden Bereiche. Sie haben eine zivil-militärische Strategie und sie haben sog. "Dual Use-companies". Also Unternehmen, die sowohl einen zivilen Bereich als auch einen militärischen Bereich haben. Und das ist etwas, was oft von lateinamerikanischen Staaten unterschätzt wird.

Dann folgt ein interessanter historischer Abriss über die Geschichte des Panama-Kanals, dessen Entstehung bis zur Monroe-Doktrin aus dem Jahr 1823. Humire sagt, die Monroe-Doktrin wird von vielen fälschlicherweise als interventionistisch oder imperialistisch angesehen. Das Gegenteil sei der Fall. Einer der Haupt-Architekten der Monroe-Doktrin, neben Präsident Monroe, war Außenminister John Quincy Adams. Und jeder, der auch nur irgendwas von ihm gelesen hat, weiß, daß er alles andere war als ein Interventionist/Imperialist Amerikas.

Von ihm stammt die Aussage, daß Amerika nicht im Ausland nach Monstern suchen soll, die es zerstören kann.




Die Monroe-Doktrin war ein Statement einer aufstrebenden Macht, die USA waren damals noch keine Weltmacht, daß die neue Welt nicht mehr zu alten Herrschaftsformen passt, also zu den historischen Monarchen in Europa.

Und es wusste damals keiner genau, wie sich das entwickelt.

Ein Ergebnis der Monroe-Doktrin war die Entstehung einiger souveräner Nationalstaaten in Lateinamerika, die ohne sie nie entstanden wären und natürlich die Entwicklung der USA zur Weltmacht.

Der Panama-Kanal, fertiggestellt im Jahr 1903, war ursprünglich eine Idee der Franzosen, die gerade den Suez-Kanal in Ägypten gebaut hatten. Aber sie scheiterten. Es ist etwas anderes, so einen Kanal im tropischen Dschungel zu bauen als in der Wüste. Die Amerikaner schließlich übernahmen die Idee der Franzosen und bauten den Kanal dann tatsächlich.




Zu der Zeit war Panama noch eine Provinz von Kolumbien. Die Landkarte damals sah anders aus als heute.

Die Amerikaner machten der kolumbianischen Regierung ein Angebot über jährlich 10 Mio. Dollar, wenn sie den Kanal bauen und betreiben dürften. Die Regierung stimmte zu, aber der Senat nicht und der Vertrag wurde auf Eis gelegt.

Dann begann - mit amerikanischer Unterstützung - ein panamaischer Unabhängigkeitskampf, an dessen Ende die Republik Panama entstand. Dies ist auch wichtig für das Selbstverständnis der Bürger von Panama. Die Entstehung ihres Staates, die Unabhängigkeit von Kolumbien, ist verbunden mit dem Kanal.

Und die Amerikaner schafften das, was die Franzosen nicht schafften und stellten den Kanal fertig und die wesentliche Technologie zur Überwindung von Höhenunterschieden zwischen dem Meer und dem Festland funktioniert noch heute.

Es war brilliant damals, es ist brilliant noch heute und wird natürlich ständig verbessert und instandgehalten.

Schließlich kam es zum Panama-Kanal-Vertrag zwischen den USA (Präsident damals Jimmy Carter) und Panama, der im Jahre 1979 eine schrittweise Übergabe der Betreiberrechte an Panama bis zu Jahr 1999 beinhaltete.

Hintergrund war Carters Ansatz, den USA einen Imagewechsel zu geben, weg von der imperialistischen Großmacht hin zu einem Partner seiner Verbündeten.

Der Panama-Kanal war deshalb ein Thema in diesem Ansatz, weil es in den 1960er Jahren eine Bewegung in Panama gab, die die US-Präsenz am Kanal (die Amerikaner hatten doch auch eine Militärbasis) beseitigen wollte. Hintergründe, wie diese Bewegung entstand, sind dem Interviewpartner nicht bekannt, aber es entstand als Studentenbewegung und vergrößerte sich dann.

Im Wahlkampf war Carter noch gegen eine Übergabe des Kanals, als er Präsident war, änderte er seine Meinung.

Es gab allerdings Bedingungen für die Übergabe, von denen die wichtigste die Neutralität war: kein Land außer Panama sollte einen dominierenden Einfluss auf den Kanal ausüben können, speziell keine Staaten, die den USA feindlich gesinnt sind. Für den Fall behielten sich die USA auch ein militärisches Eingreifen vor.

Kurz vor der vollständigen Übergabe des Kanals an Panama gab das Hongkonger Unternehmen Hutchison Whampoa Gebote für das Betreiben von Häfen entlang des Kanals ab. Das war im Jahr 1997, also zwei Jahre vor der Übergabe. Perfektes Timing von China.

Hutchinson gewann die Konzessionen und seitdem haben sie Stück für Stück ihren Einfluss dort ausgeweitet. Es ist allgemein bekannt, daß Hutchinson neben dem zivilen Bereich auch Aufträge für die chinesische Armee ausführt.

Man könnte im übertragenen Sinne sagen, daß die chinesische Armee den Kanal betreibt. Nicht im wörtlichen Sinne, daß dort Soldaten in Uniform vor Ort sind, aber die Arbeiter vor Ort sind beeinflusst von China.

(Während der Aufzeichnung des Interviews wurde bekannt, daß die zuständige Behörde Panamas eine Prüfung des chinesischen Betreibers verschiedener Häfen entlang des Kanals anordnete.)

China verfolgt eine Strategie, über zivile, ökonomische Aktivitäten einen Zugriff für sein Militär zu erlangen, weltweit. Sie nennen es "MCF" - Military Civil Fusion, also die Fusion von militärischem und zivilen Sektor.

Die Chinesen haben genau wie andere Großmächte verstanden, daß man die Wasserwege kontrollieren muss, um Weltmacht zu sein. Etwas, daß die USA Jahrzehnte lang geschafft haben. Und die Chinesen haben die Absicht, die USA in dieser Beziehung zu ersetzen. Und da sie aktuell nicht über die ausreichenden militärischen Mittel verfügen, nehmen sie den "Umweg" über wirtschaftliche Aktivitäten. Mit Hilfe von "Dual Use"-Unternehmen.

Hutchinson Whampoa ist so ein Unternehmen.

Aber auch Reparatur- und Erweiterungsarbeiten des Kanals wurden überwiegend von chinesischen Firmen durchgeführt, die bekannt waren für ihre engen Beziehungen zur chinesischen Armee.

Und die Einflussname Chinas erfolgt nicht vordergründig. Es gibt seit ein paar Jahren eine gewisse Instabilität in Panama. Es gibt eine Masseneinwanderung, die das Land destabilisiert, es gab eine große Dürre, es gibt Korruptionsvorfälle in der Regierung und die Frage ist, was passiert, wenn Panama instabil wird und sogar zusammenbricht, wenn zum Beispiel die Drogen-Kartelle den Kanal übernehmen. Das war auch der Grund für den Einmarsch der USA in Panama in den 80ern, weil es zu befürchten war, daß der damalige Präsident Noriega, ein Drogendealer, die Kontrolle über den Kanal an die Kartelle übergeben würde.

Wir sind heute noch nicht an diesem Punkt, aber die Geschichte sollte als Lehrmeister dienen und die USA wollen nicht, daß das noch einmal passiert.

Die Frage ist: was ist Chinas wahre Absicht in Bezug auf den Panama-Kanal. Natürlich kann man China diese Frage nicht direkt stellen, sondern es ist eine Frage für die Geheimdienste, es ist eine politische Frage, die die USA mit seinen Verbündeten beantworten muss.

Der Panama-Kanal ist zum einen für die Welt wichtig, werden dort immerhin 7% der weltweiten Containerschifffahrt abgefertigt, aber er ist noch wichtiger für die USA, denn etwa 40% des US-Container-Verkehrs wird dort bewegt und etwa 70% aller Waren, die in die USA kommen oder von dort abgehen, laufen durch den Kanal, so auch die Waren, die von der Ostküste der USA an die Westküste per Schiff geliefert werden.

Natürlich spielt auch der militärische Aspekt eine Rolle, ermöglicht der Kanal doch die schnelle Verlegung von Einheiten zwischen Atlantik und Pazifik.

Die USA, speziell unter Präsident Trump werden es nicht zulassen, daß eine fremde Macht, die den USA feindselig gegenübersteht, den Kanal kontrolliert. Vielmehr ist es schon ein Problem, daß man es soweit hat kommen lassen, daß das eine theoretische Option in der Zukunft ist, was eine Menge über die Fehler in der US-Außenpolitik in den vergangenen Jahrzehnten sagt. Und Trump will das korrigieren.

Die Biden-Administration hatte etwa 2022/23 die Gelegenheit, die Kontrolle wieder zu übernehmen, als die ersten 25 Jahre der Konzession für China beendet waren. Aber sie taten nichts. Die Chinesen gaben ein Angebot für die nächsten 25 Jahre ab und sie bekamen sie. Das ist die Situation heute. Und China hat weiterhin die Kontrolle über die beiden Häfen an den beiden Enden des Kanals und über weitere Infrastruktur entlang des Kanals.

Natürlich arbeiten dort keine chinesischen Soldaten, sondern panamaische Arbeiter, aber es wird organisiert und überwacht von den chinesischen Holdinggesellschaften, die den Vertrag mit der Regierung von Panama haben. Aber wie transparent sind die Chinesen dabei? Weiß man wirklich genau, was die Chinesen dort alles machen? Weiß die Regierung Panamas davon? Darüber werden die USA mit Panama reden und soviel Transparenz wie möglich fordern.

Für Panama ist es eine Chance, "auf dem Radar der USA" wieder zu erscheinen. Sie waren es jahrzehntelang nicht. Es hat durchaus Vorteile, auf der Liste der außenpolitisch interessanten Länder der USA zu stehen. Es ergeben sich Chancen, die Wirtschaft und den Wohlstand zu erhöhen durch Vergünstigungen im Handel mit den USA. Und die Regierung von Panama sollte darüber nachdenken. Es ist vom Grundsatz her eine privilegierte Position, in den Top 5 der Länder mit Aufmerksamkeit der amerikanischen Außenpolitik zu stehen.

Und Panama steht jetzt dort auf jeden Fall weit oben, aus den vorher diskutierten Gründen.

Und während die meisten Regierungen Lateinamerika eher "links" orientiert sind und "gegen Amerika", verstehen viele Menschen dort, daß Trump an sich Recht hat und daß es nicht um amerikanischen Imperialismus geht, sondern um die nationalen Sicherheitsinteressen der USA.

Korrelation ist keine Kausalität, aber es lässt sich beobachten, daß seitdem China nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch Einfluss nimmt in Panama, sich die Lage dort eher verschlechtert hat. 

Etwa um 2015 herum hatte Panama Wachstumsraten von 10% jährlich, es galt als das "Miami von Lateinamerika", es war ein beliebtes Reiseziel und die Situation heute sieht anders aus. Wie gesagt, Korrelation ist keine Kausalität, aber man kann den Niedergang beobachten, seit sich Panama mehr China zugewandt hat. Panama war das erste lateinamerikanische Land, das die "Belt and Road-Initiative" unterzeichnete und seitdem hat China seine diplomatische Präsenz im Land erheblich ausgeweitet.

Viele lateinamerikanische Staaten betonen, daß es einfacher ist, mit den Chinesen zusammenzuarbeiten, weil sie nicht all diese Anforderungen stellen wie die USA. In den letzten Jahren war das vor allem die woke Gender-Ideologie, die die Amerikaner exportieren wollten. Die Chinesen sind da unkomplizierter. Sie stellen keine politischen oder sozialen Forderungen. Sie versuchen nicht, ihre Ideologie zu verkaufen. Sie kaufen bei den Staaten ein und lassen sie ansonsten vordergründig in Ruhe. Sie machen Geschäfte und nehmen danach Schritt für Schritt politischen Einfluss über Kontakte, die sie knüpfen.

China fordert keine besondere Transparenz von den lateinamerikanischen Staaten, lässt aber auch keine Transparenz in den eigenen Aktivitäten zu. Sie stellen keine Listen mit Forderungen auf, aber sie haben natürlich klare eigene rote Linien. Das Thema der Uiguren ist ein Tabuthema für China und wenn immer ein Politiker oder Diplomat das erwähnt, gibt es Konsequenzen auf politischer oder wirtschaftlicher Ebene. Es ist in mehreren Fällen passiert (leider gibt er hier kein Beispiel).

Was einige Länder der Region bereits zu spüren bekommen haben in den letzten 20 Jahren, in denen die Präsenz Chinas verstärkt wurde, ist, daß die chinesische Wirtschaft, der chinesische Binnenmarkt, zu dem die Länder Zugang bekommen, sehr volatil ist. Der Nutzen ist damit auch sehr volatil. Dazu kommt, daß die Chinesen einen Großteil der Rohstoffe, die sie einkaufen, für ihr Militär benötigen, für die Rüstungsindustrie und damit werden diese Staaten, übrigens nicht nur in Lateinamerika, sondern auch in Afrika und im Nahen Osten zu strategischen Zielen der Chinesen. Die Armee muss um jeden Preis aufgerüstet werden. Das kann zu Problemen für die Länder führen, denen sie sich noch nicht bewusst sind.

Kein Land will zum Beispiel Gegenstand eines Handelskrieges zwischen den USA und China sein, in Form von Sanktionen zum Beispiel.

Die Chinesen sind auch sehr gut darin, die kulturellen und wirtschaftlichen Besonderheiten jedes Staates zu identifizieren. Damit sind vor allem die gemeint, die an den wichtigen Hebeln sitzen, die großen Einfluss haben. In Südamerika gibt es die geläufige Ansicht, daß es etwa 12 Familien sind, die in all den Ländern das Sagen haben. China umwirbt diese Gruppen - das Konzept nennt sich "Elite Capture" - und sorgt dafür, daß sie reicher und mächtiger werden und bringt sie in Abhängigkeiten.

Viele der Eliten oder Familien haben ihren Status eng mit der Geschichte ihres Landes verknüpft. Er geht oft zurück auf die Staatsgründung, auf die Unabhängigkeitsbewegungen, ist also sehr mit der Geschichte des Landes verwoben. Und die Chinesen sind sehr gut darin, diese historischen Zusammenhänge zu erkennen und zu nutzen und die Beziehungen entsprechend zu pflegen.

Die amerikanische Politik hat da einen unpersönlicheren Ansatz und agiert immer mit den jeweils handelnden Ministern und Regierungen, die aber ständig wechseln. Die Hintermänner bleiben aber, werden von den Amerikanern jedoch weniger beachtet als von den Chinesen.

Tatsächlich ist die Geschichte der meisten Länder Südamerikas viel mehr mit den USA verbunden als mit jedem anderen Land der Welt. Das sollten die USA wieder mehr nutzen.

Dabei fällt mir etwas sein, was mal ein amerikanischer Analyst über die US-Außenpolitik in Bezug auf Russland gesagt hat. Früher hatten das Außenministerium, die CIA, das Pentagon und andere Behörden viele Analysten, die Russland sehr gut kannten, die teilweise dort gelebt hatten, die Sprache verstanden und die Beziehungen im Land kannten. Das half den USA im Umgang mit den Russen.

Mit der Außenministerin Albright etwa änderte sich das. Sie war selbst Kind von Ungarn, die vor den Russen geflohen sind und hatte einen persönlichen Hass auf Russland. Entsprechend wurden ganze Jahrgänge von neuen Analysten eingestellt, die vor allem ebenfalls durch einen Hass auf Russland auffielen, als durch gute Kenntnis und einen rationalen Blick auf das andere Land. Das führte zu veränderten Beziehungen zwischen beiden Supermächten und natürlich auch zu Reaktionen in Russland.

Zurück zum Thema Panama. Es folgt ein interessanter Denkansatz, den ich hier mal selbst zusammenfasse.

Die Amerikaner haben es in den letzten Jahrzehnten, vielleicht sogar im ganzen letzten Jahrhundert versäumt, eine gemeinsame Identität der Amerikaner im Norden des Kontinents zu pflegen. Was ist der Norden des Kontinents? Wer Geopolitik untersuchen will, kommt an Geographie nicht vorbei, denn Geographie bestimmt durch Zugänge und Barrieren massiv die Möglichkeiten des Austauschs zwischen Ländern.

Heutzutage beginnt in vielen politischen Diskussionen der sog. "globale Süden" bereits in Mexiko. Damit sind all jene Staaten gemeint, die vor allem wirtschaftlich hinter "dem Norden" hinterherhängen.

Rein geografisch gesehen ist Mexiko aber nicht durch eine große natürliche Barriere von den USA getrennt und der Weg geht eigentlich runter über Lateinamerika bis an den Amazonas. Der Amazonas ist eine gewaltige geographische Barriere, die auch politische Auswirkungen hat. Der Amazonas ist der Grund, weshalb die Spanier nicht Südamerika kolonisiert haben und weshalb man in Brasilien Portugiesisch spricht.

Der Amazonas ist auch der Grund, weshalb Südamerika viel stärker europäisch beeinflusst ist als das Gebiet nördlich davon. Zum einen waren die Europäer natürlich viel früher dort, zu einer Zeit, als es die USA noch gar nicht gab. Aber es war eben einfacher, seine Position dort gegen Einfluss aus dem Norden zu behaupten.

Und dieser Blick auf die Landkarte und die Geographie ist vor allem der Grund, weshalb Präsident Trump derzeit eine Neuorientierung der amerikanischen Außenpolitik anstrebt. Die Chinesen haben es in den vergangenen Jahrzehnten geschafft, die Identität der Staaten Lateinamerikas ein Stück weit zu verändern. Wie gesagt, man zählt bereits Mexiko zum "globalen Süden". 

Trump versucht nun, eine neue gemeinsame amerikanische Identität, die ja historisch verwurzelt ist, zu schaffen. Dies sei auch der Grund für eine vorgeschlagene Umbenennung des Golf von Mexiko in Golf von Amerika. Er soll ja nicht "Golf der USA" oder "Golf von Texas" heißen, sondern "Golf von Amerika". 

Der wird begrenzt von zwei strategisch wichtigen Verbindungen, der Straße von Florida zwischen den USA und Kuba und dem Yucatan-Kanal zwischen Mexiko und Kuba.





Im letzten Jahr gab es einen Zwischenfall, als ein russisches Nuklear-U-Boot genau durch diese beiden Straßen fuhr und an Kubas Westküste auftauchte. Und das wäre großes Problem für die USA, wenn die Chinesen in der Lage wären, diese beiden Verbindungswege zu kontrollieren. 

Und in diesem Zusammenhang ist eben Geographie in der Geopolitik wichtig und deswegen versucht China, über Jahre und Jahrzehnte die Identität der amerikanischen Staaten nördlich des Äquators und des Amazonas zu ändern, so daß sie sich nicht mehr als Teil Nordamerikas fühlen mit einer gewissen historischen Bindung an die USA, sondern als Teil des globalen Südens in Opposition zur USA.

Das ist, was China im großen Maßstab versucht: neue, künstliche Blöcke von Staaten zu schaffen, die entgegen der historischen und geografischen Situation gebildet werden.

Und die USA sollten versuchen, die lateinamerikanischen Staaten wieder an ihre Identität als nordamerikanische Staaten zu erinnern, die mehr mit den USA gemeinsam haben als es sie verschieden macht.

Es folgt ein kurzer Exkurs über das, was China aktuell im Süd-Chinesischen Meer macht und die lateinamerikanischen Staaten sollten daraus lernen, wenn sie nicht Spielmasse Chinas im geopolitischen Spiel werden wollen. Das gleiche gilt für die chinesischen Aktivitäten in Afrika.

Künftig könnte es zu einer Neuverhandlung des Panama-Kanal-Vertrages zwischen den USA und Panama kommen, um mehr Transparenz über ausländische Aktivitäten zu erhalten und um mehr Sicherheitsnetze einzubauen, die eine Beeinflussung oder gar Übernahme des Kanals durch eine andere Macht verhindern.

Entsprechend hat Trump die USA mit Blick auf Lateinamerika gut positioniert, besser als die Administrationen der letzten Jahrzehnte. Er hat mit Marco Rubio einen Außenminister eingesetzt, der im Senat als ausgewiesener Kenner Lateinamerikas gilt. Sein Stellvertreter, der ehemalige Botschafter unter Trump in Mexiko Christopher Landau, ist ebenfalls sehr gut vernetzt in Lateinamerika. Als Sohn von Diplomaten wuchs er in verschiedenen Ländern der Region auf. Zusätzlich hat Trump mehr neue Botschafter für Lateinamerika bestellt als für jede andere Region der Welt. In seiner ersten Amtszeit hat Trump nicht so viel Wert auf die beste Besetzung von Spitzenpositionen gelegt.

Außenpolitisch hat er ein Team zusammengestellt, daß man unter dem Slogan "Lateinamerica First" zusammenfassen könnte, was am Ende natürlich "America Frist" bedeutet, weil Trump die strategische Bedeutung Lateinamerikas für die nationale Sicherheit der USA erkannt hat. Und er kann damit eine Menge Fehler korrigieren, die vorige Regierungen in den letzten Jahrzehnten, wenn nicht sogar in einem Jahrhundert, gemacht haben.


Nachtrag: 

Dieses Interview wurde um den Jahreswechsel 2024/25 aufgenommen. Ich habe es erst später gelesen, es hat dann eine Weile gedauert, das alles aufzuschreiben und in der Zwischenzeit gab es interessante Entwicklungen.

Anfang Februar unternahm US-Außenminister Marc Rubio seine erste Auslandsreise, nach Lateinamerika. Er besuchte El Salvador, Costa Rica, Guatemala, die Dominikanische Republik und eben Panama. Es war das erste Mal in einem Jahrhundert, daß ein neuer US-Außenminister zuerst die Region besuchte.

Am 2. Februar informierte Panamas Präsident Mulino, daß Panama das "Memorandum of understanding" mit China zur Teilnahme am Seidenstraßenprojekt nicht verlängern werde. Diese Verlängerung steht in zwei Jahren an und seine Regierung wird versuchen, vorzeitig aus dem Abkommen aussteigen zu können.

Auch wenn Mulino keine akute Gefahr einer chinesischen Einflussnahme auf die Neutralität des Kanals sieht, verstehe er die Sicherheitsbedenken der US-Regierung.

Zusätzlich wurde ein Abkommen mit dem Heimatschutzministerium der USA erweitert, das die Zusammenarbeit bei der Verhinderung illegaler Migration regelt.


Interessant für mich, wie ein außenpolitischer Analyst mit profunden Kenntnissen Lateinamerikas die Lage einschätzt und wie sich dann wenige Wochen später tatsächliche politische Ergebnisse zeigen, die das bestätigen, was der Analyst im Interview dargelegt hat.

Es wird und bleibt spannend.



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