Freitag, 29. Dezember 2017

Und schon wieder eine Revolution!





Die sog. "Ökostrom"-Branche steht vor der nächsten Revolution. 

Nach dezentralen kleinen, autarken Einheiten (die dann doch nicht so autark waren), nach allen möglichen neuen Technologien für Solarzellen (die dann doch nur eine winzig kleine Erhöhung der Effektivität zu horrenden Kosten brachten), nach Repowering-Märchen für Windkraftanlagen (die ohne Subventionen nicht finanzierbar sind), nach Offshore-Windparks (die irgendwie nicht so recht in Gang kommen wollen), nach Nord-Süd-Stromtrassen (die an finanziellen, geologischen und baurechtlichen Hindernissen und Bürgerinitiativen scheitern), nach diversen Strom-Speicher-Visionen (die dann doch nur Fördermittel verbrauchten und in der Praxis viel zu unterdimensioniert sind), nach dem Versuch, durch Ausschreibungen etwas Wettbewerb in die subventionsabhängige "Ökostrom-Branche zu bringen (die dann an der Bevorzugung von sog. Bürgerwindparks scheitert) kommt jetzt aber wirklich die neue Revolution, die sogar die Milliarden an Subventionen überflüssig machen soll.

Ah ja...

Im Energie-Briefing-Newsletter des Handelsblattes kam der "Direktor für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle bei der Grünstromsparte des amerikanischen Mischkonzerns General Electric", Uli Südhoff zu Wort.

Uli Südhoff ... geht davon aus, dass das System milliardenschwerer Subventionen für Ökoenergie vor dem Ende steht. Weil die Fördergelder allerorten erodieren, liefern Windparkbetreiber ihren Strom immer öfter direkt an energieintensive Großkunden wie Apple, Amazon oder Microsoft.

„Wir stehen hier vor einem Durchbruch“, sagt Südhoff.

Er ist überzeugt: Sogenannte Power Purchase Agreements (PPA), bei denen Ökoenergieproduzenten völlig unabhängig vom Staat mit der Industrie langfristige Stromabnahmeverträge abschließen, werden „massiv zunehmen“.

Tech-Riesen wie Google, Microsoft oder Facebook und deutsche Großkonzerne wie BMW, SAP oder die Commerzbank eint die Vision, sich künftig zu hundert Prozent mit grünem Strom versorgen zu wollen. PPA-Verträge sind für sie der beste Weg, um dieses ambitionierte Nachhaltigkeitsziel zu erreichen.


PPAs, also Power Purchase Agreements, also Stromlieferverträge, sollen jetzt das ganz große neue Ding sein. Dass konventionelle Kraftwerksbetreiber schon seit eh und je einen Teil ihrer erzeugten Strommenge per PPA an industrielle Großverbraucher verkaufen, interessiert da nicht. 

Okay, wer vorher von versteckten Subventionen (EEG-Umlage) gelebt hat, für den mag es revolutionär sein, seinen Strom ohne staatliche Förderung direkt an Unternehmen zu verkaufen. Nur war das bisher auch schon möglich. Niemand hat Windparkbetreiber daran gehindert, Verträge mit industriellen Großabnehmern zu schließen. Warum haben sie das nicht getan?

Nun, zum einen lebte es sich von den versteckten Subventionen der EEG-Umlage viel besser (denn es gab garantiert höhere Einnahmen als wenn man sich am Markt behaupten müsste), zum anderen sind Windparks nicht in der Lage, rund um die Uhr Strom zu liefern. In der Nähe von Großverbrauchern liegen sie auch nicht zwangsläufig. Ein Kohlekraftwerk kann man hinbauen, wo man will. Auch direkt neben große industrielle Abnehmer. Ein Windpark muss da stehen, wo der Wind weht. So viele industrielle Großverbraucher in Ost- und Nordsee sowie im brandenburgischen Flachland sind mir aber nicht bekannt.

Zudem konkurrieren die Windparks, wenn sie ihren Strom direkt verkaufen wollen, mit ihrer unstetigen Erzeugung mit den permanent produzierenden Kohlekraftwerken, was sich natürlich auf die Kosten auswirken muss. Da die Stromverbraucher rund um die Uhr Strom benötigen, müssten sie zwei Lieferverträge abschließen, einen mit dem Windstromerzeuger, der immer dann Strom liefert, wenn der Wind weht und einen mit dem konventionellen Stromerzeuger für den großen Rest des Jahres. 

Denn noch immer haben es alle Subventionen der Welt nicht geschafft, dass der Wind im Schnitt nur an etwa 2.000 Stunden im Jahr Strom liefert. Und das Jahr hat etwa 8.760 Stunden. Die Lösung wären gigantische Speicheranlagen, die weder technologisch noch finanziell darstellbar sind und die ein Kohlekraftwerk eben nicht braucht.

Ob die angesprochenen Großabnehmer Google, Microsoft, Facebook, BMW usw. sich wirklich dessen bewusst sind? Ich denke schon. Nur schwimmen sie derzeit im Strom der Zeit mit und jaulen mit den Wölfen. Öko ist eben Zeitgeist und man kann damit Emotionen beim Kunden wecken. Am Ende will der Kunde aber günstige Produkte, egal ob nun von Microsoft oder BMW und die Aktionäre wollen Ergebnisse.

Weiter im Handelsblatt-Energie-Briefing:


Es gibt aber noch ein weiteres Motiv für Unternehmen, Ökostrom-Abnahmeverträge mit bis zu 20 Jahren Laufzeit abzuschließen: So können sie sich gegen das Risiko steigender Strompreise wappnen.


Haha, der war gut. Die Strompreise sind in den letzten Jahren vor allem wegen der EEG-Umlage gestiegen. Die Erzeugungs- und Vertriebskosten liegen seit Jahren auf fast demselben Niveau. Was angestiegen ist, sind die staatlichen Abgaben und die EEG-Umlage. Wenn jetzt also die Windparkbetreiber keine Subventionen mehr in Anspruch nehmen, sinkt die EEG-Umlage für alle Verbraucher. Völlig egal, ob sie ihren Strom aus dem Kohlekraftwerk oder einem Windpark beziehen. Das ist also gar kein Vorteil für die Windparks.

Im Übrigen laufen die ersten Subventionen sowieso im Jahre 2021 aus. In den Folgejahren dann die weiteren, denn die garantierten Vergütungen nach EEG laufen 20 Jahre plus dem Jahr der Errichtung. 

Am Ende sieht es also so aus, als würde das, was da als große Revolution der Ökobranche gepriesen wird, nur Einsicht in die Notwendigkeit ist, dass man sich nach dem Ende der Subventionsära neue Einnahmequellen suchen muss. Wirklich belastbar sieht dieses Konzept nicht aus. Dafür muss man nicht mal Kraftwerkstechnik oder Mathematik studiert haben. 

Und für eine Revolution reicht es schon mal gar nicht.

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