Samstag, 29. Dezember 2018

Coca Cola - Werbung für Idioten

Werbung ist immer ein guter Spiegel der Gesellschaft. Früher gab es Wäsche waschende und Kaffee kochende Hausfrauen, Autos und Bier waren ausschließlich für Männer gedacht und zwischendurch war dann mal Geiz geil.

Zur Zeit erleben wir eine erschreckende Infantilisierung unserer Gesellschaft. Es zählen keine Fakten mehr, keine Logik und keine sachliche Analyse, nein, es zählen nur Emotionen. Wohlfühlen und Gutmeinen ist wichtig. 

Das politische Spitzenpersonal macht es vor, die Medien machen mit und auch in Diskussionen oder Meldungen in sozialen Netzwerken fällt das täglich auf. Und eben in der Werbung.

Coca-Cola hat jetzt zur Weihnachtszeit einen solchen Wohlfühl-Emotions-Spot gebracht.

Er beginnt mit Bildern vom Mauerfall und die Sprecherin sagt, dass viele Menschen nach 28 Jahren deutscher Einheit glauben, dass wir uns immer mehr voneinander entfernen würden. Und dann kommen ein paar "Beispiele", die uns wohl Mut machen sollen oder so, dass doch alles gar nicht so schlimm ist. Man muss nur die Augen zumachen, bzw. einfach woanders hinsehen und dann ist alles wieder schön.

Das erste "Beispiel" geht so:

"Wo manche Spannungen zwischen Nationalitäten sehen, sehen wir, dass jede 8. Ehe international ist."

Ähm, erstens: was genau hat das mit der Überwindung der Deutschen Teilung zu tun? Oder mit einem Zusammenwachsen der Deutschen? Schließlich war das ja der Opener des Werbespots.

Und dann: was haben internationale Ehen mit Spannungen zwischen Nationalitäten zu tun? Wo soll da ein Widerspruch sein? Eheschließungen zwischen Ausländern und Deutschen widersprechen nicht Spannungen zwischen Nationalitäten. Außerdem gibt es die derzeit größten Spannungen in Deutschland nicht zwischen bestimmten Nationalitäten, sondern zwischen Deutschen und Angehörigen einer bestimmten Religion und bestimmter Kulturkreise. Da ist die Nationalität völlig egal. Und gerade zwischen den betroffenen Nationalitäten gibt es eher wenige Eheschließungen, sieht man mal von den Türken ab, bei denen aber auch ein Großteil eingedeutschter Türken türkische Frauen heiratet.

Und welche Nationalitäten sind eigentlich gemeint? Wo gibt es da Spannungen? Deutsche und Italiener? Deutsche und Holländer? Deutsche und Spanier? Deutsche und Franzosen? Diese Menschen heiraten schon lange untereinander. Schon Ende der 80er waren etwa 10% der geschlossenen Ehen mit ausländischer Beteiligung. Heute (bzw. 2015) waren es etwa 13%.

Ehen - Deutsche und Ausländer

Statistik über Ehen ab Seite 22

Der große Anstieg der Ehen zwischen Deutschen und Ausländern und damit also der Anstieg an der unterschwellig bejubelten Internationalität geschah schon in den 70er und 80er Jahren in Westdeutschland und ist seitdem nur leicht gestiegen, was auch auf die insgesamt rückläufigen Eheschließungen zurückzuführen ist. Ein Erfolg der Wiedervereinigung ist das nicht.

Und was genau an internationalen Ehen der große Fortschritt sein soll, wird auch nicht erklärt.

Wir haben also eine wirre Aneinanderreihung von Informationen, die miteinander gar nichts zu tun haben und sich auch überhaupt nicht ausschließen. Aber es klingt erstmal schön. So bunt und vielfältig.

Dann das zweite "Beispiel":

"Während manche glauben, dass niemand mehr miteinander spricht, sehen wir tausend neue Freundschaften."

Im ersten Teil des Satzes werden drei oder vier Mädchen eingeblendet, die nebeneinander sitzen und irgendwas in ihre Handys tippen. Man sieht ihre Köpfe nicht, nur die eifrigen Finger. Das soll wohl eine Anspielung darauf sein, dass viele Menschen nur noch auf ihre Handys starren und virtuell/online kommunizieren anstatt miteinander zu reden.

Im zweiten Teil des Satzes, also dem mit den tausend neuen Freundschaften wird dann ein Kopftuchmädchen eingeblendet, welches mit einer Coke auf einem Balkon mit einer nicht näher identifizierbaren Person auf die Freundschaft anstößt.

Na klar, Kopftücher dürfen derzeit nicht fehlen. Dass die meisten Kopftuchmädchen und ihre männlichen Religions-/Kulturgenossen es vermeiden, Freundschaften mit Ungläubigen zu schließen, ist ja nebensächlich.

Und was soll das mit den tausend neuen Freundschaften? Welcher Mensch hat tausend Freundschaften? In der Realität niemand. Außer man hat einen sehr dehnbaren Begriff von "Freundschaft".

Nur bei Facebook oder anderen sozialen Medien haben manche tausende Freunde. Nur ist doch das gerade die Art von "Freundschaft", die im ersten Teil des Satzes noch beklagt wird.

Also auch das zweite Beispiel ist eine Aneinanderreihung von Aussagen, die in keinem Bezug zueinander stehen und in sich sogar widersprüchlich sind. Wenn Werbespots eine klare Aussage über die Marke treffen sollen, dann ist dieser Spot so hilfreich wie ein Solarium in Uganda. Außer, er richtet sich eben an eine Generation von Verbrauchern, bei denen das Wohlfühlen auf Basis von schlau und tiefgründig klingenden Botschaften wichtiger ist.

Drittes "Beispiel" im Werbespot:

"Wo manche keine Zukunft sehen, sehen wir jährlich über 700.000 Neugeborene."

Jetzt wird es subtil! 

Während des ersten Teil des Satzes wird ein Bild von Kaspar David Friedrich eingeblendet. "Der Wanderer über dem Nebelmeer". 





Ein typisches Bild der deutschen Romantik, in der der Nationalstaat und die Schönheit des eigenen Landes besungen und beschworen wurde. 

Die Systematik des Werbespots ist ja, dass eine negative Aussage einer positiven gegenübergestellt wird. Erst die negative, dann die positive. Hier ist die negative Aussage, dass unser Land/unsere Gesellschaft keine Zukunft hat. Es ist sicher kein Zufall, dass dafür dieses Bild von Kaspar David Friedrich ausgewählt wurde. Damit wird eine Assoziation hergestellt. Negativ sind die, die die Zukunft Deutschlands in Gefahr sehen, dargestellt durch ein Symbol der deutschen Nationalromantik. Dieser Wunsch nach einem deutschen Nationalstaat wird also als überholt und von gestern dargestellt.

Dagegen wird dann ein Neugeborenes gestellt, bzw. 700.000 Neugeborene. Und dabei wird dann suggeriert, dass es völlig irrelevant sei, von wem diese Neugeborenen stammen. Schaut man sich die jährlichen Listen der beliebtesten Vornamen an, tauchen immer mehr nichtdeutsche bzw. eindeutig arabische/türkische Namen auf. Und sieht man sich die Zusammensetzung der Altersstufen in der Bevölkerung in deutschen Großstädten an, dann sieht man, dass in vielen Gebieten die Nichtdeutschen in den jüngeren Altersstufen (Neugeborene, Erstklässler, Grundschüler) bereits in der Minderheit sind. Nicht zufällig fallen die Gebiete mit überwiegendem Anteil ausländischer oder nicht-deutschstämmiger Bevölkerung auch sehr oft zusammen mit den sozialen Brennpunkten Deutschlands. Dass das für Coca-Cola nun überhaupt keinen Anlass zur Sorge birgt, ist klar. Auch Ausländer trinken Cola-Cola. Dass die Deutschen nach und nach Teile ihrer Heimat verlieren, ist da nur ein Kollateralschaden. Wo gehobelt, fallen Späne.

Jetzt sind sie halt da, also sollen sie auch Coke saufen.

Mal davon abgesehen: selbst in Kriegs-, Krisen- oder armen Ländern wie Irak, Syrien, Afghanistan, Indien, Bangladesh oder in ganz Afrika werden ständig Kinder geboren. Ich glaube nicht, dass diese Menschen besonders hoffnungsvoll in die Zukunft sehen. Kinder bekommen ist selten ein Beweis für Vertrauen in die Zukunft. In armen Ländern ist es ein Versuch der Altersvorsorge. In vielen Ländern ist es schlicht ein Zeitvertreib und es passiert eben. Und in den westlichen Wohlstandsländern ist meist schlicht der Wunsch nach Familie. Hier sind die Menschen so überzeugt von der Stabilität der Gesellschaft, dass sich die wenigsten vorher Gedanken darüber machen, ob es noch eine Zukunft für Kinder gibt. Kinder werden geboren, solange es Menschen gibt. Das ist kein Nachweis für eine besondere Zukunftshoffnung.

Viertes "Beispiel":

"Während manche meinen, dass immer weniger heiraten, sehen wir, dass immer mehr heiraten dürfen."

Im ersten Teil des Satzes wird dazu ein Bild einer Hochzeit zwischen Mann und Frau gezeigt, natürlich ein Bild im Retro-Style, so nach Art von verwaschenen 70er-Jahre-Videos. Die Ehe von Mann und Frau ist demnach auch etwas von gestern und überholt.

Beim zweiten Teil des Satzes wird dann natürlich ein Vorzeige-Schwulen-Pärchen gezeigt. Sehr gut und stilvoll angezogen, natürlich nicht im klassischen Hochzeits-Schwarz-Weiß, die Männer gutaussehend und gepflegt, alles ist perfekt aufeinander abgestimmt und selbst die Mimik ist irgendwie beherrscht, überlegen und wissend.

Und wieder stellt man zwei Dinge gegenüber, die wirklich nichts miteinander zu tun haben. 

Man kann sich durchaus einerseits freuen, dass auch Homosexuelle heiraten dürfen und sich dennoch darüber ärgern, dass insgesamt immer weniger Menschen sich das Ja-Wort geben. Denn das letztere wird ja auch nicht wirklich durch das erste verbessert.

Wobei, lediglich in 2017 ist die Zahl der Eheschließungen gegenüber 2016 leicht zurückgegangen. Ansonsten wurden zuletzt nur im Jahr 2000 mehr Ehen geschlossen. Und das hat nun mit "Schwulen-Ehe" nichts zu tun.

Der Spot endet dann mit den Worten:

"Es gibt so viel Gutes, das und zusammenbringt. Lasst es uns wieder sehen."

Alles in allem also ein wirre Aufzählung von Fakten oder Behauptungen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben und per se auch nicht gut sind. Es kommt immer auf den Zusammenhang an.

Bei oberflächlicher Kenntnisnahme des Werbespots wird ein Eindruck von guter Haltung und positiver Lebenseinstellung erweckt, natürlich wenn man Coca-Cola trinkt. Und das soll ein Werbespot ja auch erreichen.

Bei entsprechend naiver und desinteressierter Zielgruppe kommt hier zusammen, was zusammen gehört.




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