Dienstag, 11. August 2020

Lehrreiches und hoffentlich Heilsames über Politik und Staat

2008 wurde die Welt von der Finanzkrise überrascht. Die traditionsreiche Investmenk-Bank Lehman Brothers ging pleite und die halbstaatlichen Immobilien-Finanzierer Fannie Mae und Freddie Mac mussten zusammen mit anderen Finanzinstituten und Versicherungen mit Steuergeldern gestützt und gerettet werden.

Der Finanzkrise voraus ging ein Zusammenbruch des US-Immobilienmarktes, weil Millionen von Hypotheken nicht mehr bezahlt werden konnten. Der Kollaps des Immobilienmarktes hatte deswegen Auswirkungen auf den Finanzsektor, weil die großen Investmentbanken die faulen Hypothekenkredite in handelbaren Finanzprodukten zusammengefasst und verkauft hatten, die dann plötzlich wertlos waren.

Beschimpft wurde dafür der böse Turbo-Kapitalismus, dabei ist diese Finanzkrise ein Lehrbeispiel dafür, was schief laufen kann, wenn der Staat oder die Regierung mit besten Absichten in das Spiel der freien Marktkräfte eingreift. Und es ist auch ein Lehrbeispiel, wie Politiker ihre Meinungen ändern, und zwar nicht im Sinne von "es gibt neue Erkenntnisse und ich habe jetzt eine andere Meinung", sondern im Sinne von "das hab ich nie gesagt..." und "ich habe schon immer gesagt...", auch wenn sie vor Jahren genau das exakte Gegenteil behauptet haben. Und sie wirken dabei so glaubhaft und überzeugend, dass jemand, der die Geschichte nicht kennt, garantiert darauf hereinfällt. Und die Menschen vergessen schnell. Und die Politiker wissen das.

Der deutsche Historiker und Immobilien-Investor Dr. Rainer Zitelmann hat in seinem Buch "Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung" in einem Kapitel bereits die Ursachen der Immobilien- und später der Finanzkrise beschrieben. Sehr empfehlenswert.

Hier möchte ich einen weiteren Wissenschaftler zu Wort kommen lassen, der zu den gleichen Erkenntnissen gekommen ist, den liberalen/libertären Ökonomen Thomas Sowell, ein klarer Gegner von Eingriffen des Staates in die Kräfte des Marktes. 

Ich versuche folgenden Beitrag zu übersetzen, den man auf Youtube sehen kann. 

Thomas Sowell - 3 Fragen an die Linke

Am Anfang, so die ersten 2,5 Minuten, gibt es eine Diskussion es um Forderungen nach Lohnerhöhungen bei Walmart (was zur Zeit der Entstehung des Videos gerade ein großes Thema in den USA war) und die unterschiedlichen Sichtweisen auf's Leben zwischen Linken und Konservativen.

Die linke Sichtweise ist im Prinzip so: Der Mensch wird eigentlich als freier Mensch geboren, aber überall gibt es Probleme und Beschränkungen durch die Gesellschaft, die ihn quasi in Ketten legt. Und das wahre Problem der Welt ist, dass die Institutionen falsch organisiert sind. Es gibt eigentlich nichts in der menschlichen Natur, dass uns unzufrieden machen würde, sondern es sind lediglich die falschen Institutionen, die uns Probleme machen und deswegen müssen wir nur die Institutionen ändern und dann wird alles gut.

Die konservative Sichtweise ist eher die, dass das Leben des Menschen an sich voller Fehler und Probleme ist und dass es keine endgültigen "Lösungen" gibt, sondern dass man gute Kompromisse machen und versuchen muss, irgendwie gut durchzukommen. Und was immer man versucht, bringt neue Probleme und man muss halt einfach damit klarkommen. Und dass es am Ende gut ausgeht, ist alles, worauf du hoffen kannst.

Er sagt weiter, dass es im Prinzip drei Fragen gibt, die fast alle Argumente von Linken zerstören:

1. "Verglichen womit?"

2. "Zu welchen Kosten?"

3. "Welche harten Beweise gibt es für die Wirksamkeit?"

Es gibt sehr sehr wenige Argumente der Linken, die alle drei Fragen beantworten können. 

Konservative Ideen können das eher, weil sie nicht davon ausgehen, dass es eine universelle Lösung für die Probleme des Lebens gibt. Weder die Regierung noch der Markt selbst können alle Probleme lösen. Man muss schlicht gewisse Dinge tolerieren. Dinge können schief gehen und daran können andere Schuld haben oder man selbst. Aber es geschieht und man kann es nicht durch Institutionen verhindern.

Linke wollen auch noch den letzten Rest an Unterschiedlichkeit wegregulieren. Aber zu welchem Preis?

Und dann geht es los mit der Finanzkrise.

(Ich übersetze chronologisch, aber nicht immer wörtlich und füge eigene Ergänzungen hinzu, um den Sachverhalt deutlicher zu machen, ohne den Inhalt zu verändern.)

Als der US-Immobilienmarkt in 2008 kollabierte und in einer internationalen Finanzkrise endete, war es recht und billig, republikanische Politik, gierige Banker und die Wall Street dafür verantwortlich zu machen.

In seinem Buch "Der Immobilienboom und der große Knall" ("The housing boom and bust") zeigt Dr. Sowell viele Faktoren auf, die zu den Problemen auf dem Immobilienmarkt führten.

Einer der zentralen Punkte ist, dass der Wille der Regierung, "billiges Wohneigentum" zu schaffen (also eigentlich Wohneigentum für ärmere Schichten), über Jahrzehnte erheblichen Druck auf die Hypothekenbanken ausübte, ihre Sicherheitsanforderungen zu reduzieren. Also die Kriterien, nach denen Immobilien-Kredite zu vergeben sind. Auf Deutsch: es sollte sich jeder ein Haus leisten können, auch die, die sich bisher aufgrund ihrer finanziellen Situation keins leisten konnten, also nicht kreditwürdig waren.

Die Regierungen gaben Quoten für die Kreditvergabe an Haushalte mit Niedrigeinkommen vor, was darauf hinauslief, dass die Finanzinstitute mehr und mehr Risiken eingingen. Dies geschah alles unter der politischen Prämisse, dass Wohneigentum wichtig wäre. So wichtig, dass die Fragen "Verglichen womit?" und "Zu welchen Kosten?" und "Gibt es Belege für die Wirksamkeit?" auf keinen Fall gestellt werden sollten. Schon gar nicht, alle drei zusammen.

Die Demokraten in den USA verweisen oft und gern auf die Deregulierung und andere Maßnahmen der Republikaner unter der Administration von George W. Bush, die angeblich zum Crash des Immobilienmarktes führten.

Es folgt ein Video-Ausschnitt einer Rede von Nancy Pelosi, damals noch demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus, in der sie sagt: "Sie (die Republikaner) behaupten, Anwälte des Freien Marktes zu sein, wo es tatsächlich eine "Anything Goes"-Mentalität ist. Keine Regulierung, keine Überwachung, keine Disziplin."

Fakt ist aber, dass die Administration von George W. Bush schon frühzeitig auf eine verstärkte Regulierung der halbstaatlichen Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac drängten. Die Demokraten waren allerdings dagegen.

Es folgt ein Ausschnitt aus einer Nachrichtensendung von Fox News, in der gesagt wird, dass die Bush-Administration bereits im April 2001 darauf hinwies, dass die schiere Größe von "Fannie" und "Freddie" zu einem potentiellen Problem werden könne. 

In 2003 erhöhte das Weiße Haus seine Einschätzung von "Fannie" und "Freddie" zum "systemic risk", welches sich über den Immobilienmarkt hinaus ausbreiten könne. Im Herbst 2003 drängte die Bush-Administration den Kongreß dazu, eine Regulierungsbehörde für Fannie Mae und Freddie Mac zu gründen. Es folgt ein Ausschnitt aus einer Rede von John Snow, dem damaligen Finanzminister der USA, der eine "starke Regulierungsbehörde mit Weltklasse-Niveau" forderte, um die beiden halbstaatlichen Immobilienfinanzierer zu überwachen.

Doch der Finanzminister bekam starken Gegenwind vom demokratischen Kongress-Abgeordneten Barney Frank, der meinte, dass Fannie Mae und Freddie Mac sich nicht in einer Krise befinden würden. Er meinte sogar, die Regierung sollte "Fannie" und "Freddie" dazu ermutigen, mehr Hypotheken an Familien mit niedrigem Einkommen zu vergeben. Und er meinte, es gäbe zu viele Bedenkenträger. Je mehr Leute das Risiko für die beiden Institute überschätzen und je mehr Leute über finanzielle Risiken reden, die er selbst gar nicht sieht, umso mehr negative Auswirkungen wird das auf preiswerten Wohnraum haben. Und selbst wenn die beiden Institute in finanzielle Schwierigkeiten geraten würden, dann würde sie die Regierung da rausholen.





Die Gesetzgebungsinitiative der Republikaner wurde geblockt.

Im Jahre 2005 äußerte sich FED-Chef Alan Greenspan zu "Fannie" und "Freddie", nachdem Manager von "Fannie" erhebliche Buchhaltungs-Probleme gemeldet hatten. 

Zitat Alan Greenspan: "Die Institute in die Lage zu versetzen, zu wachsen - und das werden sie, sobald sie die Krise nach ihrer Beurteilung überstanden haben - bedeutet, dass wir das gesamte Finanzsystem der Zukunft einem substantiellen Risiko aussetzen."





In einer späteren Anhörung ergänzte er: 

"Wenn wir scheitern, eine stärkere Regulierung zu installieren, erhöhen die Möglichkeit von Insolvenzen und Krisen."





Aber die beiden Riesen-Immobilienfinanzierer hatten starke Verteidiger. Der demokratische Senator Charles Shumer sagte: "Ich finde, Fannie und Freddie haben über die Jahre einen super Job gemacht und haben entscheidenden Anteil daran, dass die Amerikaner die Menschen mit den besten Wohnbedingungen weltweit sind... Wenn man sich die letzten 20 oder mehr Jahre ansieht, haben sie einen unglaublichen Job gemacht."





Der republikanische Senator John McCain, der die Regulierung unterstütze, hielt im Mai 2006 eine Rede vor dem Senatund sagte:

"Schon seit Jahren bin ich besorgt über die Strukturen der Überwachung von Fannie und Freddie.. und ihre schiere Größe und die Rolle, die sie im amerikanischen Wohnimmobilien-Markt spielen... die halbstaatlichen Institute müssen umgehend reformiert werden."





Der entsprechende Gesetzentwurf wurde mit den Stimmen der Demokraten abgelehnt, bzw. brachten die Republikaner das Gesetz gar nicht erst ein, weil sie wussten, nicht genügend Stimmen dafür zu haben.

Das ganze Problem ist allerdings kein reines "Rechts/Links-Problem". 

Unter der Regierung Bill Clinton wurde die Beleihungsgrenze für Hypotheken für Familien mit Niedrigeinkommen von 30 auf 50% erhöht, unter der Bush-Administration wurde sie nochmal auf 55% erhöht, wobei allerdings die Bush-Administration für eine stärkere Regulierung von "Fannie" und "Freddie" warb. Regulierungen für die Wall Street und Privatbanken blieben allerdings ebenfalls aus.

Man kann darüber diskutieren, welche Faktoren die Immobilienkrise auslösten, am Ende waren es viele kleine Einzelteile, inklusive der FED, den Hauskäufern selbst, die die Häuser teilweise nur als Wertanlage kauften oder wussten, dass sie es sich eigentlich nicht leisten können, Immobilienhändler und Hypothekenvermittler. Investmentbanken kauften die risikoreichen Hypotheken auf, machten daraus Finanzprodukte, versahen sie mit "Triple A"-Ratings und verkauften sie an ahnungslose Investoren. Das spielte eine große Rolle für die Infektion des Finanzmarktes.

Die Clinton-Regierung schaffte den Glass-Steagall-Act ab, der es Geschäftsbanken untersagte, Investmentbanken zu kaufen.





Im Ergebnis konnten Geschäftsbanken Versicherungen übernehmen oder auch Investmentbanken, was vorher verboten war.

Allerdings wurde versäumt, irgendeine Form der Regulierung einzusetzen. Dies erlaubte den Banken, größer zu werden und größere Risiken aufzunehmen. Die Regierungen, egal ob Demokraten oder Republikaner setzten das Ideal des privaten Hausbesitzes an die Spitze ihrer Prioritäten-Liste.

Indem man den Fokus auf das "soziale Ziel" des privaten Hausbesitzes setzte und damit unnatürliche Risiken in ein System des Freien Marktes pflanzte, erlaubte man Profitjägern absolut freies Spiel. Das System von "checks and balances" wurde außer Kraft gesetzt.

Schaut man sich die radikale Linke in den USA und ihre Forderungen nach sozialen Wohltaten an, ohne die 3 großen Fragen zu stellen, dann ist das so gefährlich wie zuvor.

Den Dialog durch Gewalt zu ersetzen, bedeutet, den Sinn des eigentlichen Arguments aus den Augen zu verlieren (eingeblendet sind Bilder von gewalttätigen Auseinandersetzungen bei Demonstrationen).

Ob es der Ruf nach "Diversität" ist, der Ruf nach "Gleichheit im Ergebnis" oder die Ablehnung von Unterschieden der Geschlechter, wir müssen immer die Lösungen anschauen, die dafür angeboten werden und müssen die drei wichtigen Fragen stellen.

Das Video endet mit einigen weiteren Aufnahmen von Barney Frank, dem demokratischen Abgeordneten, der noch Anfang der 2000er Jahre vehement gegen eine Regulierung und Überwachung der immer größer werdenden Immobilienfinanzierer "Fannie" und "Freddie" war.

Der erste Ausschnitt ist aus einer Rede aus dem Juni 2005, wo er sinngemäß sagt:

"Dies ist eine seltsame Diskussion. Wir sehen gerade erhebliche Bedenken zum Hauseigentum und seines wirtschaftlichen Booms. Über Dinge zu spekulieren ist niemals eine gute Sache. Aber die, die gerade argumentieren, dass die Hauspreise in der Nähe einer gefährlichen Blase angelangt sind, kommen mir vor, als würden sie einen sehr wichtigen Punkt vergessen. Verglichen mit früheren Beispielen, wo dem Knall immer eine extreme Preissteigerung vorausging, reden wir hier über Hauseigentum, über Häuser, wo es diesen Leverage-Effekt nicht gibt, den wir woanders gesehen haben. Das ist nicht die Dot.Com-Situation, wo wir sahen, dass Leute Probleme hatten, die in Geschäftsmodelle investiert hatten, die kein reales Geschäftsmodell hatten, zum Beispiel die Verlegung von Glasfaserkabeln, für die kein Bedarf bestand. Häuser aber werden bewohnt. Möglicherweise sehen wir einen Preisanstieg auf einem gewissen Niveau, aber wir werden keinen Kollaps sehen, so wie bei den Beispielen, bei denen wir über eine künstliche "Blase" geredet haben. Und deswegen werden wir weiter Hauseigentum vorantreiben."

Im Dezember 2006 sagte Frank sinngemäß:

"Wir haben noch mehr zu tun in Bezug auf De-Regulierung, zum Beispiel für eine Reduzierung der Berichts-Pflichten von Banken an die Finanzbehörden. Es muss derzeit viel zu viel berichtet werden, nach meiner Auffassung.

In der Vergangenheit haben wir nichts für "Fannie" und "Freddie" getan, sondern wir haben etwas für die Hauseigentümer getan. Meine Motivation waren die Hausbesitzer, also dass sich mehr Menschen ein eigenes Heim leisten können.

Ich gebe ja teilweise denen Recht, die sagen, dass die Vorteile, die Fannie Mae und Freddie Mac dadurch hatten, dass sie günstiges Geld verleihen konnten (durch staatliche Absicherung), nicht ausreichend an die Öffentlichkeit weiter gegeben wurden. Nun, gibt es zwei Dinge, die wir hätten tun können. Erstens, die Vorteile streichen und damit weniger günstiges Geld an die Menschen herausgeben oder man behält die Vorteile bei und versucht, sie fairer zu verteilen.
Das war, was wir mit dem "Affordable Housing-Fund" getan haben."

Im Jahr 2007 war Barney Frank der Co-Sponsor des "Expanding American Homeownership Act" ("Gesetz zur Ausweitung amerikanischen Wohneigentums").





Dieses Gesetz brachte weitere Änderungen für den "National Housing Act". So konnten die maximale Kreditsumme auf 125% des Durchschnittspreises für Häuser in der Region erhöht werden, die Laufzeit von Hypothekendarlehen konnte von 35 auf 40 Jahre erhöht werden, die Beleihungsgrenze (Loan-to-Value) wurde auf 97,75% des Objektwertes angehoben (dass fast das gesamte Objekt kreditfinanziert werden kann) und weitere Regelungen, die das Risiko für die Banken und die Kreditnehmer erhöhte. 






Diese Gesetzgebung ermutigte viele Menschen, Risiken auf sich zu nehmen, die sie eigentlich nicht tragen können.

Und alles unter dem wohlmeinenden Ansatz, dass sich jeder Amerikaner ein Haus leisten können soll.

Zum Zeitpunkt dieser Gesetzesänderung waren die Hauspreise schon seit vielen Monaten gesunken, was auf ein Überangebot an Immobilien schließen lässt.


Im Jahr 2009, nach dem Crash wurde Barney Frank interviewt und sagte unter anderem (und hier ist, wo es absurd und politisch kriminell wird), das man Leuten keinen Gefallen tut, wenn man ihnen sagt, dass sie sich etwas leisten können, was sie sich eigentlich nicht leisten können und er beschuldigte die Republikaner, den Eigenheimbesitz in den USA immer weiter vorangetrieben zu haben. Er sagt also exakt das Gegenteil von dem, was er vor der Krise sagte. 

Wörtlich sagte er am 20. April 2009:

"Die eine Sache, die die Leute noch nicht verstanden haben, ist die, dass einer der Gründe für die furchtbare Krise, die wir über die letzten Jahre erlebten und die uns die heutigen Probleme beschert, dass Menschen dazu gedrängt und ermutigt wurden, sich Häuser zu kaufen, die sie sich nicht leisten konnten. Teil dessen war die konservative Sichtweise, dass zur Miete zu wohnen eine schlechte Sache wäre. Ich und andere haben dagegen versucht, Programm aufzulegen, die den Bau von Mietwohnungen förderten. Aber es gab Leute in Regierungsverantwortung, die sagten, nein, die Leute müssen Hauseigentümer werden. Und heute haben wir mit Barack Obama einen Präsidenten, der dieses Problem versteht, dass wenn du arm bist in Amerika mit einem geringen Einkommen, wirst du dir wahrscheinlich kein eigenes Haus leisten können.
...
Ich traf heute eine Gruppe von Leuten, die verantwortungsvolle Verfechter der Idee des Baus erschwinglicher Mietwohnungen sind."

Der Interviewer, offenbar ohne jegliche Kenntnis der jüngeren amerikanischen Politik meinte dann, es wäre toll, dass der Senator dies so offen sage. Und dann wiederholte Frank, dass man Leuten keinen Gefallen tut, indem man ihnen vorgaukelt, sie könnten sich etwas leisten, was sie sich tatsächlich nicht leisten können.

Und weiter (mit dem üblichen sozialpolitischen Sülz): "Ich wünschte, ich könnte etwas tun für Einkommensgleichheit in den USA und ich bin dafür, ich würde gern bessere Bildung haben für alle, damit sie mehr Geld verdienen können, ich würde auch gern die Kosten für Wohnen senken, aber der Punkt ist, dass Leute, die 30.000 bis 40.000 Dollar pro Jahr verdienen, wahrscheinlich nicht in der Lage sein werden, sich ein Haus zu kaufen, aber wenn man ihnen sagt, sie könnten das, dann bringt man sie in Probleme."

Und in 2010 meinte Frank dann, dass es schon seit jeher seine Meinung war, dass es ein Fehler ist, dass die Regierung privaten Hausbesitz fördert. 

"Meine Meinung war schon immer, dass es ein Fehler ist, wenn die Regierung privaten Hausbesitz fördert und dass es viel besser ist, Mietwohnungen zu fördern."

Also nicht nur, dass er jetzt das komplette Gegenteil von dem sagt, was er vor der Krise gesagt hat, nein, er ersetzt jetzt einfach die eine Regierungssubvention durch eine andere. Früher sagte er, dass die Regierung privaten Hausbesitz fördern soll und als sich das zum Problem entwickelte, sagte er, dass die Regierung jetzt Mietwohnungen fördern sollte. Dass sich die Regierung einfach komplett raushalten sollte, sagt er nicht. Er versteht es ganz sicher, aber er würde sich einen Teil seiner Daseinsberechtigung entziehen, wenn er es sagen würde.

Und dieser Politiker ist kein Einzelfall. Ganz im Gegenteil. Er ist der Prototyp des Politikers. Immer mit der Nase im Wind um zu erschnüffeln, was gerade politisch opportun ist. Und immer wird die Meinung vertreten, die gerade angesagt ist. Und natürlich war das schon immer die Meinung.

Und die Politiker setzen darauf, dass erstens die Menschen schnell vergessen und zweitens immer wieder Menschen nachwachsen, die irgendwann das Alter erreichen, indem sie sich für Politik interessieren und keine Ahnung davon haben, was vor 5 oder 10 Jahren passiert ist. Und es ist aufwändig, diese einzelnen Fälle zu recherchieren und zu dokumentieren wie in diesem Fall. Zu wenig Journalisten nehmen diese Aufgabe noch wahr.

Und deswegen können Politiker weitgehend ungestraft heute das eine sagen und morgen das komplette Gegenteil. Und immer wirken sie dabei authentisch und überzeugend und man wollte ihnen immer glauben... wenn man nicht die Geschichte kennt. Denn das können diese Politiker, die es einmal nach ganz oben geschafft haben (und ein Senatoren-Posten gehört in den USA schon zu "ganz oben".): sie können Menschen von sich überzeugen. Und sie sind skrupellos genug, ihre "Meinungen" ins komplette Gegenteil zu ändern und zu behaupten, sie hätten dies oder jenes ja schon immer gesagt. Und es passiert ihnen auch nichts. Solche Beiträge wie dieser hier haben einfach zuwenig Öffentlichkeit.

Frank blieb bis 2011 noch Kongressabgeordneter und ließ sich dann nicht mehr wiederwählen. Im Jahr 2014 bekam er sogar noch eine Auszeichnung als "Humanist of the year".

Und es ist egal, ob sie Frank heißen oder anders, ob sie Republikaner sind oder Demokraten, links oder rechts... das Problem liegt im System. Meine Erfahrung (oder vielleicht auch meine vorgefasste Meinung) sagt mir aber irgendwie, dass auf Seiten der "Konservativen", ob man sie nun "Republikaner" nennt wie in den USA oder "rechts" wie in Europa, mehr gesunder Menschenverstand und Realitätssinn vorhanden ist. Linke träumen immer vom Paradies auf Erden, in dem alle gleich sind und ignorieren die menschlichen Natur, die von Unterschieden zwischen den Individuen geprägt ist. 

Trotzdem müssen wir immer vorsichtig sein: auf allen Seiten nutzen Politiker die Macht, die wir ihnen geben, aus. Und zwar nicht zu unserem Vorteil, sondern zu ihrem eigenen. Und sie lügen uns ins Gesicht, wo immer es nötig ist. Und solange die Menschen nicht aus der Vergangenheit lernen und bereit sind, selbst Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen, solange werden uns Politiker weiter belügen und uns Schaden zufügen.

















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