Samstag, 6. Juli 2019

Schottland 2019 - ein Urlaubs- (und Whisky-)tagebuch.






Nach unserem phantastischen Schottland-Urlaub im letzten Jahr, sind wir auch dieses Jahr wieder zur etwa selben Zeit nach Nordwesteuropa gereist, um die atemberaubende Schönheit Schottlands zu erleben. Distillerie-Besuche sollten dieses Jahr aber nicht im Mittelpunkt stehen. Letztes Jahr waren es 6 Brennereien, die wir uns angesehen hatten, dieses Jahr waren es am Ende Talisker und die neue Macallan-Brennerei.

Hier der Link zum Vorjahres-Reisebericht: Schottland Reise 2018


21. Mai 2019

Auch dieses Jahr starteten wir wieder in Aberdeen, holten allerdings sofort unseren Mietwagen am Airport ab und fuhren nach Süden Richtung Edinburgh. Ziel war die kleine Stadt Kirkcaldy, nördlich von Edinburgh. Wir hatten dort 2 Nächte im Hotel "The Strathearn".




Von dort aus kann man Edinburgh sehr schnell erreichen und ist trotzdem etwas weg vom Stress der großen Stadt. 

Kirkcaldy selbst ist eine kleine nette Industriestadt direkt an der Küste. Nicht zu groß und nicht zu klein. Und es hat sehr ruhige Ecken und unbebaute Küstenabschnitte mit phantastischer Aussicht auf's Meer. Wir haben dort den unglaublichsten und kräftigsten Regenbogen unseres Lebens gesehen. Leider kann die Handykamera die Realität nicht so wiedergeben.

Und dann fährt auch noch ein weißes Schiff mitten hindurch...











In der Realität sah es so aus, als hätte sich jemand mit Pinsel und Farbeimern ins Meer gestellt und direkt dort einen Regenbogen in die Luft gemalt.

Wir fuhren danach noch ein bisschen mit dem Auto durch die Gegend und beendeten den Tag an der Bar des Hotels mit ein paar Drinks und Drams.






22. Mai

Morgens nach dem "full-scottish"-Frühstück im schönen und sonnendurchfluteten Frühstücksraum fuhren wir nach Edinburgh. Auf dem Programm standen der Holyrood-Palace, das Edinburgh Castle und die Royal Mile vom Castle bis zur St. Giles-Cathedral.

Vorher, auf dem Weg nach Edinburgh, bzw. etwa 15 km westlich von Edinburgh schauten wir noch im "The Helix"-Freizeitpark vorbei, weil es dort die weltgrößten Pferdestatuen "The Kelpies" gibt. Da musste meine Frau natürlich hin. Wenn es irgendwo irgendwas mit Pferden zu sehen gibt, ist das ein Pflichttermin.






Danach dann ging es nach Edinburgh. Und wie es so spielt im Leben, ausgerechnet in der Woche, wo wir in Edinburgh sind, hält sich auch der Schottland-Repräsentant der Queen dort auf und natürlich wohnt er im Holyrood-Palace, dem Hauptsitz der Queen in Schottland. Und natürlich bewohnt er nicht nur einen Teil des Palastes, sondern benötigt gleich das ganze Haus. Und es ist ein großes Haus! Daher war der Palast für die Öffentlichkeit in der Woche geschlossen und wir konnten nicht rein. Ein Blick durch den Zaun wurde uns gewährt...





Also wieder ins Auto und Richtung Innenstadt. Dort parkten wir den Wagen und machten uns den Weg hinauf zum Edinburgh Castle. Allein der Blick von unten ist schon beeindruckend.





Von oben hat man dann aber noch einen phantastischen Blick über Edinburgh. Uns reichte der Ausblick und wir verzichteten auf die Führung durch's Castle.

Wir gingen dann die Royal Mile hinunter, die vom Castle zur St. Gilles-Cathedral führt und alle 50 Meter rechts und links einen Whisky-Laden mit unüberschaubarem Angebot hat. 






Zum Glück sind die Preise deutlich über deutschem Niveau, so dass man kaum in Versuchung kommt, das Gepäck für die Rückreise zusätzlich zu belasten.

Die St. Gilles-Cathedral hat historische Bedeutung. Nachdem es etwa 400 Jahre eine katholische Kirche war, wurde sie vom Reformator John Knox im 16. Jhdt. in eine protestantische Kirche umgewandelt. Einfach durch Besetzung und Abhaltung von protestantischen Predigten, im damals noch katholischen Schottland. Dies ist bis heute so geblieben.





Wir spazierten dann noch eine Weile durch Edinburgh, aßen noch zu Abend und fuhren dann zurück nach Kirkcaldy. Nach ein paar Drinks an der Hotelbar ging es ins Bett.


23. Mai

Nach dem Frühstück und dem Checkout ging es weiter mit dem Auto Richtung Westen. Ziel war am Abend Glasgow, allerdings mit einem Zwischenstop in Stirling. Dort befindet sich das Wallace National Monument, ein schottisches Nationaldenkmal zu Ehren des schottischen Freiheitskämpfers William Wallace. Dieser widersetzte sich der englischen Eroberung und Besatzung durch Edward I. von England.

In der historischen Schlacht bei Stirling im Jahr 1297 schlug er das englische Heer trotz Unterzahl vernichtend und zwang die englische Krone zum Rückzug aus Schottland. Da der damalige schottische König in englischer Gefangenschaft war, wurde William Wallace, zusammen mit seinem Verbündeten in der Schlacht, Andrew de Moray, vom schottischen Adel zum Guardian of the Realm ernannt, quasi zum Vertreter des schottischen Königs und zum Bewahrer und Beschützer Schottlands.

Sein Leben und sein Kampf gegen die englische Besatzung und Unterdrückung waren Thema des Films "Braveheart" mit Mel Gibson.

Die Schlacht von Stirling gewann Wallace vor allem durch seine gute Kenntnis der natürlichen Gegebenheiten. Wer damals von Süden nach Norden in die schottischen Highlands wollte, musste eine Brücke über den Fluss Forth bei Stirling überqueren. Einen anderen Weg durch die sumpfigen Moore gab es nicht und auch keine Durchquerungen des schnell fleißenden und recht tiefen Flusses. Am nördlichen Ende der Brücke schloss sich ein erhöhter Damm an, der in den Norden führte. 

Vor der Brücke vollführt der Fluss eine kleine Schleife und bildet an Land so etwas wie ein Bucht. Durch den engen Zugang in diese Bucht und die anschließende kleine Brücke, konnten die Engländer ihre zahlenmäßie Überlegenheit nicht ausspielen. Nördlich der Brücke warteten Wallace und de Moray mit ihrer Armee. Als die ersten Engländer die Brücke überquert hatten, stürmten die Schotten in Überzahl auf sie los und schlugen sie zurück. Ein großer Teil der englischen Soldaten wurde getötet, ein anderer Teil versank im Fluß oder der sumpfigen Umgebung. Der Rest floh zurück nach Süden. Die Engländer gaben daraufhin ihren Angriff auf und zogen sich zurück.




Das Wallace National Monument ist ein etwa 100 Meter hoher Turm mit drei Zwischengeschossen und einem sehr, sehr, sehr, sehr windigen Aussichtsplateau. Hinauf führt eine sehr, sehr, sehr enge Wendeltreppe aus Stein, auf der nur schlank gewachsene Menschen seitlich aneinander vorbeipassen. Bei gesteigerter Leibesfülle muss man in den Zwischengeschossen oder den Ausbuchtungen der Schießscharten im Turm warten, bis der Weg frei ist.





In den drei Zwischengeschossen befinden sich jeweils kleine Ausstellungen zu bestimmten Themen der Geschichte Schottlands. Auf der ersten geht es allgemein um das recht karge Leben früher in den schottischen Highlands, auf der zweiten werden berühmte schottische Persönlichkeiten gewürdigt (und davon gibt es einige) und auf der dritten geht es natürlich um William Wallace und die Schlacht von Stirling.

Aber gerade die zweite Etage ist hochinteressant. Wenn man all die bekannten Persönlichkeiten dort sieht, denkt man gar nicht, dass die alle aus Schottland kommen. Es ist wirklich beeindruckend, aber es war im 18. und 19. Jhdt tatsächlich so, dass Schottland das gebildetste und belesenste und wissenschaftlich produktivste Land Europas war. Dies hatte einen Grund in der sehr frühen Durchsetzung der Reformation, was zu einer Entmachtung der katholischen Kirche und zu einer gewissen Befreiung der Bevölkerung, vor allem aber des Adels und des gehobenen Bürgertums führte. Wissen und wirtschaftliche Entwicklungen waren nicht länger der Kirche und den Königen vorbehalten. Und das schlug sich sich in Wissenschaft und Technik nieder. Und natürlich darf auch der Gottvater der Nationalökonomie Adam Smith nicht fehlen.






In der dritten Etage gibt es dann einen Überblick über William Wallace, sein Leben und seinen Kampf für die Freiheit und Unabhängigkeit Schottlands. Zu sehen ist tatsächlich auch das teilrestaurierte Original-Schwert von Wallace. Ich meine, wir reden da über das 13. Jahrhundert! 1297. Das sind mehr als 900 Jahre, die dieses Stück Metall überlebt hat... Beeindruckend!






Während man da so durch die Ausstellung geht und sieht, wie der Freiheitskämpfer und Nationalheld (zu Recht) gefeiert wird, denkt man auch darüber nach, wie heutzutage über Menschen gedacht wird, die nationale Identität und das Streben nach Unabhängigkeit von überregionalen Institutionen zum politischen Ziel erklären. Aber das ist ein anderes Thema...

Von ganz oben, von der offenen Aussichtsplattform auf dem Dach hat man noch einen tollen Blick kilometerweit in alle Richtungen.







Danach ging es dann in Richtung Glasgow. Dort angekommen, checkten wir im Motel One direkt an der sehenswerten Grand Central Station im Stadtzentrum ein und erfüllten uns dann einen Wunsch, den wir schon seit letztem Jahr hatten. Pizza im "Paesano"... die beste Pizza der Welt. Also jedenfalls für uns.





Letztes Jahr nur zufällig entdeckt, waren wir so begeistert, dass wir uns vorgenommen hatten, dieses Jahr dort wieder einzukehren. Und wieder wurden wir nicht enttäuscht. Die Betreiber kommen aus Kalabrien und sämtliche Waren, also die Zutaten für den Pizzateig, die Tomaten, Salami, Käse, Olivenöl und der Wein werden aus Italien importiert. Die Öfen wurden von neapolitanischen Ofenbauern gebaut.

Also wer mal in Glasgow ist, unbedingt ins "Paesano" gehen! Am besten vor 19 Uhr, weil ab dann wird es richtig voll und man muss durchaus mal auf einen freien Platz warten. Das Ambiente ist entspannt und sehr locker, das Restaurant gleicht mehr einer Studentenmensa und die Preise sind absolut verträglich.

Nach dem Essen spazierten wir noch ein bisschen durch die Glasgower Altstadt und gingen auf ein paar Drinks noch in die Whisky-Bar "The Piper", die wir auch schon aus dem Vorjahr kannten.

So sehr ich neue Eindrücke mag, so sehr gefallen mir auch die Momente mit Wiedererkennungseffekt, wenn man in einem anderen Land ist. Die Mischung aus beidem macht es für mich zu einem schönen Aufenthalt.

Recht spät am Abend liefen wir dann zum Hotel und gingen auch bald ins Bett.


24. Mai

Am nächsten Morgen gönnten wir uns etwas länger Schlaf und aßen dann Frühstück in einer der zahllosen Bistro-Ketten, die es natürlich auch in Glasgow und anderen Städten Schottlands gibt. Costa, Starbucks, Pret-a-manger oder Tim Horton's... alles da. Und ganz sicher frischer und günstiger als ein Hotelfrühstück. Wobei ich das Frühstück in Motel One-Hotels aus Deutschland kenne und das absolut in Ordnung finde.

Nach dem Frühstück gaben wir uns dann so richtig das Touri-Programm. Fahrt mit dem Hop-On-Hop-Off-Bus durch Glasgow. Ganz ehrlich, besser kannst Du eine Stadt nicht entdecken, es sei denn, man kennt jemanden, der einem die Stadt zeigt.

An die zwei Stunden fuhren wir durch so ziemlich alle Teile Glasgows und waren von der Vielfältigkeit der Stadt überrascht. An der Glasgow Cathedral stiegen wir aus (das ist ja auch das Schöne an diesen Hop-On-Hop-Off-Bussen, dass du jederzeit irgendwo aus- und in den nächsten Bus wieder einsteigen kannst). 

Die Glasgow Cathedral ist ein weiteres Beispiel für beeindruckende Kirchenbauten der Geschichte. Erbaut über einige Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte von verschiedenen Königen, sind sie interessante Zeitzeugen und Zeugnisse der Baukunst der Menschen. Ich meine, heutzutage reichen Wolkenkratzer 1 Kilometer in den Himmel, okay, aber wir haben Kräne und Hubschrauber. Irgendwann im 13. Jahrhundert gab es bestenfalls einen Flaschenzug. Aber keine 40-Tonner-LKWs, die die schweren Granit- und Marmor- und Holzbausteine für die riesigen Gebäude hätten heranschaffen können.

Allein die Vorstellung, zu wissen, dass man einen Bau plant, der in der eigenen Lebenszeit womöglich nicht mehr fertig wird, würde heute jeden Architekten verzweifeln lassen. Und damals?

Bauherr zum Architekten: "Bau mir mal eine Kathedrale. So etwa 100 Meter hoch und 50 Meter land und 30 bis 40 Meter breit. Aus Granit und Marmor und so..."

Und der Architekt so: "Okay, kein Problem. Mach ich."

Und der Bauherr so: "Achso, und bau mir noch ein Kellergeschoss ein, für Grabstätten und so."

Und der Architekt so: "Kein Problem".

Und dann entsteht so etwas:










In der Glasgow-Cathedral befindet sich ebenfalls eine über 400 Jahre alte gedruckte Bibel-Übersetzung.




Nach diesem beeindruckenden Aufenthalt in der Glasgow-Cathedrale liefen wir zurück Richtung Stadtzentrum und Hotel, kehrten zwischendurch noch in einem Restaurant ein und fuhren dann am späten Nachmittag Richtung Westen, zu unserem nächsten Hotel. Ziel war die Umgebung von Oban, dem Whiskykenner bestens bekannt durch die gleichnamige Brennerei.

Der Weg dorthin führte durch den beeindruckenden Loch Lomond-Nationalpark. Die A82 führt westlich des gesamten Loch Lomond entlang nach Norden und bietet ebenfalls eine phantastische Landschaft mit atemberaubenden Aussichten.

Loch Ness mag größer und bekannter sein als Loch Lomond und wenn man, so wie wir letztes Jahr Loch Ness als erstes besucht, also vor den anderen Lochs, dann ist es ziemlich beeindruckend. Sieht man vorher aber Loch Lomond, oder auch Loch Etive oder Loch Linnhe auf dem Weg nach Skye, dann verblasst Loch Ness ein wenig. Es ist trotzdem sehenswert und man sollte sich eh so viel wie möglich von diesem tollen Land ansehen.

Unsere Übernachtung hatten wir diesmal in einem kleinen Bed-and-Breakfast, also einer Privatunterkunft mit Frühstück. Das Haus lag etwas nördlich von Oban im kleinen Örtchen Conell. Die Gastgeber waren bezaubernd und die Zimmer waren wie bei Oma. Im Prinzip wohnten wir im Haus der Gastgeber. Über die Jahre haben sie immer weiter angebaut und mehr Zimmer zur Vermietung angeboten. Das Haus lag direkt an der Straße (auf der abends aber kaum noch Autos fahren) und am Ufer der Bucht, die zum Loch Etive wird, aus dem später weiter nordöstlich der Fluss Etive ins Tal Glen Etive führt, einem sehr abgelegenen Hochland-Tal, in dem eine berühmte Szene aus James Bond-Skyfall gedreht wurde. Dazu später mehr. Erstmal kamen wir abends in dem gemütlichen Haus an und hatten eine phantastische Sicht auf's Wasser mit Abendsonne.







Gleich nebenan gab es ein Seafood-Restaurant, in dem man allerdings nur mit Vorbestellung einen Tisch bekam. Pech für uns. Wir hatten keine Vorbestellung. Also fuhren wir ins nahe Oban, weil es dort am Hafen auch genügend Restaurants geben sollte. Abendbrot bot die nette Gastgeberin leider nicht an. Okay, war ja auch ein Bed-and-Breakfast.

In Oban am Hafen fanden wir tatsächlich auch ein weiteres Seafood-Restaurant und Überraschung... ohne Reservierung ging da nix. Zum Glück war ebenfalls gleich nebenan ein Italiener, der etwas größer war und tatsächlich noch drei freie Tische hatte.

Das Essen war dem Besucherandrang entsprechend sehr gut. Zu wirklich akzeptablen Preisen. Ich hatte frischen Krebs, serviert in einer Krebshalbschale für 12,95 Pfund. Da kann man nicht meckern.

Auch am Hafen von Oban gab es einen schönen Sonnenuntergang zu sehen.








25. Mai


Am Morgen gab es Frühstück, quasi im Wohnzimmer der Gastfamilie. Am Abend vorher wurde auf einem Zettel angekreuzt, was man gern zum Frühstück essen würde und das wurde dann zubereitet. Natürlich wieder "full scottish", also Schinken, Eier, Bohnen, Toast, Tomaten und Würstchen.

Vor uns lag ein langer Tag, daher brauchten wir ein starkes Frühstück. Auf dem Plan standen zwei Highlights. Zunächst in Richtung Nordosten Glen Etive und dann Richtung Westen unsere erste Annäherung an die Insel Skye. Das waren insgesamt so etwa 190 Meilen, also etwas mehr als 300 Kilometer. Fahrzeit so etwa 5 Stunden. Und dann am Abend nochmal etwa 130 Meilen (etwas mehr als 200 Kilometer) und 3 Stunden Fahrzeit zurück bis in die westlichen Highlands. 

Ziel dort war unser Hotel im Ort Kingussie, der ziemlich direkt am Fluss Spey und in der Nähe der eher weniger bekannten Speyside-Brennerei liegt, die den recht guten "Spey"-Whisky produziert.

Der Ort war nicht wirklich freiwillig gewählt. Eigentlich wollten wir zwei Tage auf der Insel Skye verbringen, aber ich war wohl mit dem Buchen von Hotels etwas naiv, was den zeitlichen Horizont anging. Ich hatte erst Ende März/Anfang April begonnen, die Hotels zu suchen und das war für die Insel Skye ganz offensichtlich zu spät. 

Da meine Mutter uns ebenfalls im Urlaub begleitete, brauchten wir immer 2 Zimmer, allerdings gab es in dem Zeitraum, in dem wir dort waren, keine Zimmer mehr auf Skye. Alles ausgebucht. Mal hier und dort 1 Zimmer für 1 Nacht oder eine Woche später auch mal 2 Nächte, aber eben nichts, was uns half.

Auf Skye gibt es entweder große Golf-Resorts, die entsprechend teuer sind oder kleine Bed-and-breakfast-Cottages mit so 3 bis 6 Zimmern. Die klassischen Stadthotels wie Motel One, Holiday Inn oder nh-Hotel mit mehreren hundert Zimmern gibt es dort nicht. Ich habe booking.com durchforstet, HRS und trivago, habe über Google Maps und Streetview weitere Hotels rausgesucht, die nicht auf den großen Seiten zu finden waren und mich dort direkt auf deren Website nach freien Plätzen umgeschaut... nix zu machen. Youth Hostel mit 3 Betten im Schlafsaal hätten wir noch hier und dort haben können, aber aus dem Alter sind wir raus.

Und selbst in den größeren Orten nahe Skye wie Fort William oder Fort Augustus war nichts mehr zu bekommen. Und so blieb uns eben nur die Variante, weiter in die Highlands zu fahren und dann eben eine lange Anreise nach Skye auf uns zu nehmen. Das ist allerdings wegen der atemberaubenden Landschaft nur ein kleiner Nachteil. Da werden dann auch 2,5 bis 3 Stunden Autofahrt zur Erholung.

Aber zunächst ging es nach Glen Etive, das Tal des Flusses Etive, in dem eine berühmte Szene aus "James Bond - Skyfall" gedreht wurde.





Diese Stelle wollten wir finden. Sie ist inzwischen so berühmt, dass es online genaue Wegbeschreibungen gibt, wie man die Stelle findet. Sie liegt in einem recht entlegenen Tal, durch das nur eine einspurige, leidlich asphaltierte "Straße" führt. Alle 50 bis 100 Meter gibt es "Passing Places", also Ausbuchtungen, um Gegenverkehr durchzulassen. Jedoch hält sich der Gegenverkehr sehr in Grenzen, obwohl das Tal ein bekannter Touristenmagnet ist. Allerdings muss man wohl James Bond-Fan oder Naturfreund sein, um diesen Weg auf sich zu nehmen. Tatsächlich gab es einige Zelter und Camper auf dem Weg, aber insgesamt trifft man doch wenig Leute auf dem Weg.

Ich bin nicht sicher, ob wir die richtige Stelle gefunden haben. Wir haben jedenfalls an einer Stelle gehalten, die wir für die richtige hielten und dann unser Foto gemacht. Im Nachhinein beim Vergleich mit dem Original war es dann wohl doch ein paar Meter entfernt, aber egal. Die Stelle passiert haben wir in jedem Fall. Und zwischendurch noch weitere Bilder und Videos dieser unglaublichen Landschaft in den westlichen Highlands gemacht.


















Leider kann blogspot meine Videos nicht verarbeiten. Die geben einen noch besseren Eindruck von der Weite und relativen Unberührtheit der Landschaft.

Bei Google Streetview habe ich die Stelle aus James Bond dann nochmal gesucht und auch gefunden.




Also steht der Plan für's nächste Jahr schon. Wir wollen nochmal dorthin zurück. James Bond hin oder her, allein die Natur ist einfach zu atemberaubend, als dass man sie sich nicht auch mehrmals ansehen könnte. 

Ziemlich beeindruckt und begeistert fuhren wir den Weg durch's Glen Etive wieder zurück und dann weiter nach Richtung Westen zur Insel Skye.

Vor uns lagen etwa 3 Stunden Fahrzeit durch teilweise atemberaubende Landschaften. Zunächst die A86 westlich und dann nördlich die A82 entlang des Loch Lochy bis nach Invergary. Dort geht es dann westlich die A87 entlang, vorbei an Loch Garry, Loch Loyne, Cluanie, Loch Duich und Loch Alsh bis man dann endlich die Skye-Bridge sieht.

Man möge sich Bilder im Internet ansehen, denn unsere Handykameras konnten all die tollen Aussichten während der Fahrt nicht wirklich einfangen.

Im Loch Alsh, ein paar Meilen vor der Skye-Bridge befindet sich noch eine weitere recht berühmte Location aus einem James Bond-Film (irgendeiner mit Pierce Brosnan). Eilean Donan Castle, in jenem Bond-Film die schottische Zentrale des britischen Geheimdienstes MI6.

Das Castle liegt noch im von Ebbe und Flut beeinflussten Loch Alsh, mündet dieses doch an zwei Seiten in den Nordatlantik. Bei Ebbe kann man zu Fuß zum Castle gehen, bei Flut nur mit dem Boot.



Auf Skye war unser Ziel der Ort Sligachan und das gleichnamige Hotel. Denn dort fand an diesem Samstag die Abschlussveranstaltung des ersten "Hebridean Whisky Festivals" statt. Das Festival lief schon seit Dienstag und an jedem Tag der Woche stellte eine Brennerei vor Ort bei sich ihre Produkte vor. Genaugenommen war es nicht nur ein Whisky-Festival, denn zwei der 4 Brennereien stellten auch ihren Gin vor.

Ich weiß natürlich, dass Gin, ebenso wie Rum genauso eine "Wissenschaft" sein kann wie Whisky, aber bevor ich nicht der Meinung bin, mich richtig gut mit Whisky auszukennen, werde ich mich Gin oder Rum nicht nähern. So many Whiskys, so little time...

Die beteiligten Brennereien waren Talisker und die neue Torabaigh-Brennerei von Skye, die Rassay-Brennerei von der gleichnamigen, benachbarten Insel und eine Brennerei von der Insel Harris.

Talisker war enttäuschenderweise nur mit dem Talisker 10 zm Probieren vertreten, aber was da künftig aus der Rassay-Brennerei kommen soll, das verspricht einiges. Sie boten einen leicht rauchigen Whisky an, der natürlich noch kein eigener Whisky war, da auch die Brennerei auf Rassay erst seit kurzem produziert, aber angeblich haben sie schon bei einer befreundeten Brennerei Whisky nach ihren Vorgaben mit ihrer Gerste und Hefe und ähnlichen Brennblasen produzieren lassen. Leider haben sie nicht verraten, wo der Whisky gebrannt wurde. Wenn aber in ein paar Jahren das Ergebnis ähnlich ist wie das, was auf diesem Festival präsentiert wurde, darf man sich freuen.

Was die anderen beiden Brennereien angeboten hatten, weiß ich nicht mehr genau. Darunter waren aber auch zwei Blends (ich glaube die waren von der Harris-Brennerei, oder war es Torabhaig?), jedenfalls sollte man die genauso schnell vergessen wie den Namen der Brennerei.

Wir waren natürlich aufgrund unseres Tagesprogramms erst am Nachmittag so gegen halb fünf da und da war das Festival schon fast zu Ende und ich bin mir sicher, dass sich die Brennereien vorher an ihren separaten Tagen viel Mühe gegeben haben, aber für eine Abschlussveranstaltung fand ich das Angebot dann doch etwas dürftig. Gerade vom Platzhirschen Talisker hatte ich mehr erwartet. Na egal, es war ein Anfang für ein neues Whisky-Festival in Schottland und nächstes Jahr wird es bestimmt besser.

Die Location für das Abschluss-Event war jedenfalls ganz nett. Es war ein recht großes Restaurant, also im Prinzip ein großer Saal wie ein Oktoberfest-Zelt und wir mussten dennoch auf einen Tisch warten, um etwas zu essen. Also der Besucherandrang war ordentlich. Das Warten hatte sich dann auch gelohnt, denn wir bekamen wunderbaren Beef-Pie und Schellfisch.

Gegen 18 Uhr machten wir uns dann auf die gut 3 Stunden Fahrt zurück in die westlichen Highlands nach Kingussie.

Unser Hotel (McInnes House) war ein altehrwürdiges Haus, das drei junge Freunde im Januar 2018 gekauft und dort ein Hotel eröffnet haben. Vorher war es auch schon ein Hotel, stand allerdings eine Weile leer.

Wie es so ist mit altehrwürdigen Häusern, haben die so ihre Eigenarten. Und offensichtlich ist das Budget der jungen Hoteliers begrenzt, so dass Renovierungen nur Stück für Stück vorankommen. Also die Zimmer waren renoviert, die Bäder neu gefliest, aber Armaturen, Lichtschalter, Fenster, Türen und so weiter waren teilweise noch erheblich nachbesserungsfähig.

Insgesamt war es okay, aber im Detail gab es dann doch nicht den Standard, den man für den Preis erwarten darf.

Wer drei junge, aufstrebende Hoteliers unterstützen will, für den ist das Hotel völlig okay, zumal die Jungs sehr nett und bemüht sind und auch um die Schwächen ihres Hauses wissen.

Wer entsprechenden Gegenwert für sein Geld erwartet, sollte eine andere Wahl treffen.

Für uns war es am Ende okay, zumal es im Erdgeschoß eine gemütliche Lounge gab und die Bar mit guten Malt-Whisky-Standards bestückt war.

Verpflegungstipp am Rande: im Nachbarort Newtonmore gibt es den Newtonmore-Grill, ein Trucker-Rastplatz mit guter, schottischer Standard-Küche zu guten Preisen. Klassische Gerichte, bei denen man im Prinzip nichts falsch machen kann. Innen sieht es aus wie ein amerikanisches Diner und hintendran gibt es noch eine gemütliche Bar mit diversen Whiskys.

Da wir aber schon auf Skye ordentlich gegessen hatten, verbrachten wir dann den Abend in der gemütlichen Lounge des Hotels mit ein paar Drinks und Drams und Lektüre und Plauderei.


26. Mai

Eigentlich war der Plan für diesen Tag, nochmal nach Skye zu fahren und die Talisker-Brennerei zu besuchen. Der Blick aus dem Fenster an diesem Morgen brachte aber nur eines: die Überzeugung, im Bett zu bleiben und zu warten, bis das Wetter besser wurde.

Nun ist Schottland eh nicht bekannt für gutes Wetter, aber meist regnet es nur leicht und am Tag wechseln sich Sonne und Wolken/Regen mehrmals ab. Oft sind es aber nur leichte Nieselregen. Nicht aber an diesem Morgen. Schon der kurze Weg zum Auto auf dem Hotelparkplatz hätte uns völlig durchnässt und dazu war es noch sehr windig. Also nochmal umgedreht und weitergeschlafen. Für Talisker war auch noch morgen Zeit. 

Am späten Vormittag bis zum Mittag saßen wir dann gemütlich im warmen Zimmer und tranken Tee und jeder las für sich, was er so Interessantes im Internet finden konnte.

Tatsächlich besserte sich das Wetter dann doch und die Sonne kam hervor. Der Wind blieb zwar ziemlich heftig, aber der Regen hörte fast auf. Nur ab und zu ein paar Tropfen fanden noch ihren Weg von oben herab auf die Erde.

Bestes Wetter, um einfach mit dem Auto durch die Gegend zu fahren und mal zu schauen, was es so links und rechts der Wege zu sehen gibt. In der Nähe liegt, wie schon gesagt die Speyside-Brennerei, die allerdings geschlossen war. Es war Sonntag.

Ein Stück weiter liegen die "Ruthven Baracks", die Ruinen einer alten Kaserne der englischen Armee, die dort einen Kontroll- und Wachposten eingerichtet hatte. Es waren immer so 50 bis 100 Soldaten vor Ort, die die Ansprüche der englischen Krone notfalls mit Gewalt durchsetzen, aber auch für die Sicherheit vor Ort sorgen sollten.

Wirklich interessante Schautafeln im Inneren der Ruinen geben eine Vorstellung vom damaligen Leben als Soldat in solchen Kasernen. Obwohl es keine Heizungen und fließendes Wasser gab, muss es doch weniger ungemütlich gewesen sein, als man denken könnte.







Wir fuhren dann noch ein wenig in der Gegend rum und dann fiel uns plötzlich ein, wie gut es uns letztes Jahr ein Stück weiter südlich, in der Gegend um Pitlochry gefallen hatte. Dort liegen auch die Brennereien Edradour und Blair Athol und auf dem Weg dahin Dalwhinnie. 

Und da das alles nur eine gute Stunde Autofahrt entfernt war, fuhren wir also dorthin. Einfach so, ganz entspannt und die Landschaft ringsherum genießend.

Jede Gegend auf dem nordöstlichen Festlandteil Schottlands ist irgendwie anders. Hier mehr schroffe Felsen und Heidelandschaft, dort mehr Wald und sanftere Hügel und an anderen Stellen saftige Wiesen und Weiden und kleine, lebendige Flüsse. Wunderschön.

Am Abend aßen wir dann einen Happen in dem schon vorher erwähnten Newtonmore-Grill im Nachbarort und gingen dann irgendwann schlafen.


27. Mai

Am nächsten Morgen standen wir relativ früh auf und hatten unser "full scottish breakfast" wieder im bekannten Grill im Nachbarort. Mit dieser Stärkung machten wir uns dann auf den Weg nach Westen, Richtung Insel Skye. Denn heute wollten wir dann doch den Brennerei-Besuch bei Talisker in Cabost nachholen. Wir hatten zwar keine Anmeldung und fuhren auf gut Glück hin, aber ich hatte mich vorher im Internet informiert und da hieß es, dass es eigentlich kein Problem sei, einfach so bei Talisker vorbeizuschauen und in die nächste Führung reinzurutschen. Und so war es dann auch.

Aber selbst, wenn wir keinen freien Termin mehr bekommen hätten, die Fahrt nach Skye bei gutem Wetter hätte sich in jedem Fall gelohnt und außerdem gab es noch mehrere andere sehenswerte Orte auf der Insel.

Aber, wie von mir erwartet, war es tatsächlich kein Problem mit den Führungen. Knappe 1,5 Stunden nach unserer Ankunft waren noch Plätze frei. Also schnell gebucht und dann die Wartezeit gut genutzt. Denn in Cabost gibt es nicht nur die Talisker-Brennerei, sondern auch eine phantastische Sicht auf Loch Harport (der Zugang zum Nordatlantik) und das "Old Inn", ein uriges Pub/Restaurant direkt neben der Brennerei, das eine Goldgrube sein muss. 

Wahrscheinlich alle, die noch auf ihre Tour bei Talisker warten müssen, kehren dort ein. Wir hatten Glück und kamen keine Sekunde zu früh, denn wir bekamen noch einen Tisch für 3 und kurz nach uns kamen weitere Gäste durch die Tür und die mussten dann warten.

Im "Old Inn" probierte ich dann auch mein erstes echtes Haggis, die schottische Nationalspeise, von der man eigentlich nicht wissen will, was da so drin ist. Ich sage mal: Allerlei vom Lamm. Aber ohne Lammfleisch. Also Magen und Innereien. Aber was soll ich sagen? Saulecker! Im Prinzip wie unsere deutsche Blutwurst ("tote Oma"), nur heller und etwas körniger von der Konsistenz. Und würziger. Dazu Mash und dunkle Sauce... toll. Dazu zwei kühle Bier... und schon war die Zeit rum und wir machten die Tour mit.














Nun ja, was soll ich sagen? Ich hab ja letztes Jahr schon einige Touren in verschiedenen Brennereien mitgemacht, aber ganz ehrlich: Talisker gehört nicht zu denen, die man buchen muss.

Der Tour-Guide war ein netter und bemühter, aber doch überforderter Student oder Schüler, der das Standardprogramm runterratterte (Whisky ist aus Wasser, Gerste und Hefe, wir kriegen die Gerste von da und dort, die Hefe von da und dort, dann maischen wir, dann brennen wir zweimal und dann ab ins Fass usw... ). Bei speziellen Nachfragen musste er dann mit den Schulten zucken oder sich rausreden. Und wenn am Anfang schon das "Single" in Single Malt Whisky damit erklärt wird, dass der Whisky nur aus einer Gerstensorte gemacht wird... also selbst beim touristischen Massen-Durchschleusen bei Glenfiddich war die Tour besser.

Egal. Die Brennerei ist dennoch eine Reise wert. Der Shop ist ganz gut bestückt (mit allem, was Diageo so herausbringt), man kann vieles an der Bar probieren und allein die Anreise durch die überwältigende Landschaft von Skye und die Sicht rund um die Brennerei lohnen sich. Und dann war ja da noch das "Old Inn". :-)

Und so ging es mit neuen Eindrücken und der Gewissheit, dass das nicht unser letzter Besuch auf Skye war, zurück durch die wundervolle Landschaft auf's Festland und dann weiter nach Norden, unserem nächsten Ziel.

Noch ein touristischer Tipp:

Wer von Skye nach Nordosten mit dem Auto will, kann die gut ausgebaute A87 und dann die A82 am Loch Ness entlang nach Norden bis nach Inverness nehmen (rote gestrichelte Linie), oder aber man biegt etwa 10 Kilometer hinter der Skye-Bridge nach Norden auf die A890 ab (grün gestrichelte Linie) und dann weiter nördlich auf die A835 Richtung Inverness.




Die Fahrt dauert zwar etwas länger (vielleicht so 15 bis 30 Minuten), aber die Landschaft entschädigt dafür mehr als genug. Wieder bieten sich atemberaubende Aussichten, tolle Landschaften, kleine Orte und man fährt abseits der üblichen Pisten, weitgehend für sich allein. Traumhaft!

Und zufällig kamen wir dann kurz vor Inverness auch noch an einem der besten Thrakener-Züchter Schottlands vorbei. 

Wir sahen die Pferde auf ihrer Koppel von der Straße aus, aber meine Frau erkannte sofort die gute Blutlinie. Es waren ein paar Fohlen und ein paar ältere Stuten. Dabei stand noch ein alter Esel, der durch seine Ruhe und Gelassenheit die jungen, temperamentvollen Fohlen ein wenig runter "beamte".

Wir hielten an der Koppel an und näherten uns den Pferden, die natürlich, neugierig wie Pferde nun mal sind, sofort an den Zaun kamen. Zum einen ist Abwechslung immer gut und zum anderen kann es ja auch sein, dass es irgendwas Leckeres zu fressen gibt.












Wir standen da ein paar Minuten, als ein junger Mann in einem LKW ankam. Wir hatten mit dem Auto den Feldweg neben der Koppel blockiert und er kam nicht durch. Ich fuhr an die Seite und machte Platz, aber er stieg aus und wir kamen ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass seiner Mutter die Pferde gehörten. Sie hatten ihr Haus ein paar hundert Meter weiter. Wir plauderten noch eine Weile über dies und das und dann fuhr er weiter. Wir blieben noch etwas bei den Pferden und machten uns dann auch wieder auf den Weg.

Für die folgenden zwei Nächte hatten wir uns eine Ferienwohnung in Forres, einer kleinen Stadt im Nordwesten der Highlands genommen. Wir kamen abends gegen 20:45 Uhr an und unser Vermieter erwartete uns schon. Er war sehr nett und wir plauderten über dies und das und natürlich auch über meine Whiskyleidenschaft und dann erzählte er mir, wie gut ihm die Besichtigung bei Macallan gefallen hatte und er mir die unbedingt empfehlen würde. Also buchte ich mir für den folgenden Tag eine Tour. Leider gab es tatsächlich in allen Touren am nächsten Tag nur noch 1 einzigen freien Platz, aber meine Frau und meine Mutter sagten mir, dass das kein Problem wäre. Ich bin schließlich der Whiskyfan und da ich den Urlaub so toll organisiert hätte, würden sie solange auf mich warten. 

Wir kauften dann im 24h-Tesco im benachbarten Elgin noch ein paar Sachen zum Frühstück am nächsten Morgen und gingen dann schlafen.


28. Mai

Nach dem Ausschlafen und einem gemeinsamen selbstbereiteten Frühstück fuhren wir los, Richtung Easter Elchies im Herzen der Speyside, dem Sitz von Macallan.

In unserem Urlaub letztes Jahr waren wir schon einmal dort, standen allerdings noch vor verschlossenen Türen, da der Umbau der Brennerei noch im Gange war. 

Danach hab ich natürlich einiges gelesen und Bilder im Netz gesehen über den Neubau der Brennerei, aber wenn man dann persönlich vor Ort ist, ist das nochmal etwas ganz anderes.

Um es kurz zu machen: Ich war schwer beeindruckt.

Beeindruckend ist schon die Einfahrt mir einem schweren Metalltor. Aber die gab es auch schon letztes Jahr.




Man fährt dann über einen kleinen Weg, der sich durch Grünanlagen schlängelt, weiter auf das Gelände rauf, vorbei an der neuen Brennerei, von der man aber nur das begrünte, wellenförmige Dach sieht, das über Hecken und Bäume ragt, bis zum Besucherparkplatz. Neben dem Parkplatz eine satt-grüne saftige Wiese, auf der ein paar Highland-Rinder gemütlich vor sich hin dösen. Man hatte nicht das Gefühl, auf einem Industriegelände zu sein, was eine Brennerei ja letztlich ist.

Macallan hat hier 143 Mio britische Pfund investiert und ich muss sagen: viel besser kann man so eine industrielle Anlage nicht in die Natur einbauen. Es sieht so aus, als wäre es schon immer dagewesen. Toll.

Man geht dann vom Parkplatz ein wenig über das Gelände und sieht zunächst das Easter Elchies House, den Verwaltungssitz von Macallan und daneben die Büros der Edrington Group, dem größten Anteilseigner von Macallan.











Alles ist sehr schön angelegt und wunderbar gepflegt.

Die anderen Eigentümer von Macallan sind übrigens ein Finanzinvestor und die Familie Grant, der auch Glenfiddich gehört. Zum Teil ist also Macallan noch ein Familienbetrieb.😉

Auch wenn Macallan natürlich inzwischen ein Produktionsriese ist. Während z.B. Glenfarclas, Tomintoul oder Talisker so um die 3 bis 4 Mio Liter Alkohol pro Jahr brennen, sind es bei Macallan 15 Mio Liter.

Asien fragt eben immer mehr nach. Vor dem Neubau hatte man auch nur eine Kapazität von 5 Mio Litern.

Und dann biegt man auf einen Weg ein, der mit schwarzen länglichen Steinen quer gepflastert ist. Die Steine sind aber unregelmäßig lang, es ist also alles etwas aufgelockert und dazwischen viel Platz für Grün. Dieser Weg führt dann in das neue Brennereigebäude.





Am Ende dieses Weges befindet sich dieser dunkle Eingang mit einer großen, schweren automatischen Glastür. Und dann geht man dadurch, noch ein paar Meter durch eine Art kleiner Tunnel und dann ist man drin...




Geradezu trifft man auf eine Art Rezeption, an der einen freundliche und gut angezogene Hostessen begrüßen und man denkt sich: Mist, wo sind meine Krawatte und mein Jacket?

Natürlich schaut einen niemand schräg an, wenn man da als Touri in Alltagskleidung reinkommt, es ist nur das Ambiente aus Material, Größe und Farben des Gebäudes, das einem schon ein wenig Respekt abverlangt.

Und dann schaut man nach links und dann sieht man es. DAS MACALLAN ARCHIV!















Wow!

Alles, was Macallan selbst besaß und alles, was sie irgendwo auf der Welt an seltenen Flaschen aufkaufen konnten, steht hier. Und das Archiv erhebt noch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dafür ist es schon mal mit knapp 15 Mio Pfund versichert.

Eine mehr als 10 Meter hohe Glaswand türmt sich vor einem auf, darin ein Durchgang und hinter dem Durchgang noch mehr Regale, gefüllt mit allen Schätzen, die Macallan berühmt und auch teuer gemacht haben.




















Wer da nicht staunt, ist schon tot.

Nebenan gibt es noch ein kleines Bistro und auf der anderen Seite einen weitläufigen,  offenen Shopbereich. 

Alles ist großzügig angelegt und auf einem großen Bildschirm laufen permanent Bilder, die im Prinzip den Inhalt der Tour wiedergeben. Also auch wenn man keine Tour bucht, bekommt man einen guten Eindruck über das, was Macallan ausmacht und was im Inneren der Brennerei vor sich geht. Die Tour kostet entspannte 15 Pfund pro Person und beinhaltet die Verkostung von drei Whiskys. 

Ein New Make, der Triple Cask 12 yo und der Edition Nr. 4.

Man lässt sich also nicht lumpen bei der Verkostung.

Dann ging die Tour los. Die Teilnehmer kamen aus aller Welt, so wie die Kunden von Macallan. Paar Asiaten, Amerikaner, Europäer. 

Der Tourguide war ein entspannter, freundlicher junger Mann, der ziemlich gut Bescheid wusste. Also keine studentische Hilfskraft, die sich das 1x1 der Whisky-Herstellung mal eben angelesen hatte. Die Stimmung war sehr angenehm, man hatte auch nie das Gefühl, dass der Tourguide möglichst schnell die Tour hinter sich bringen wollte. Sie dauerte insgesamt so knapp 1,5 Stunden.

Natürlich wurde auch hier, wie in allen Brennereien der Prozess der Herstellung von Whisky ausführlich erklärt.

Interessant fand ich aber vor allem, dass Macallan etwa 99% seiner Fässer selbst herstellt. bzw. exklusiv herstellen lässt. Macallan-Mitarbeiter wählen bei Waldbesitzern in Nordamerika und Europa bestimmte Bäume aus, aus denen dann später exklusiv die Fässer für Macallan werden. Es dauert etwa 6 bis 7 Jahre von der Auswahl eines Baumes bis zum Erhalt des fertigen Fasses.

Zunächst werden wie gesagt die Bäume ausgesucht und entsprechend markiert. Dann werden die Stämme in kleinere Stücke geschnitten und an der Luft getrocknet. Das dauert so knapp 2 Jahre. Dann werden aus den getrockneten Stücken die Fassdauben hergestellt und nochmals getrocknet. Dabei können wieder 1 bis 2 Jahre vergehen. Dann werden die Fässer hergestellt und entweder in den USA mit Bourbon befüllt oder in Europa mit Sherry. Im Fall von Bourbon-Fässern dauert es dann noch einmal 3 Jahre, bis die Fässer bei Macallan ankommen. Im Fall von Sherry-Fässern hängt es davon ab, wie lange der Sherry gelagert wurde. In jedem Fall sind 99% der Fässer von Macallan sog. "First Fill Fässer", das heißt, dass noch kein schottischer Single Malt in die Fässer gefüllt wurde. Und diese Fässer werden bei Macallan auch nur einmal verwendet und dann an andere Whisky-Hersteller verkauft.

Solch ein Aufwand kostet natürlich extra. Verständlich. Der Preis eines Macallan lässt sich allerdings damit nicht wirklich rechtfertigen. Da sind noch andere Dinge im Spiel. Aber wer es sich erlauben kann, der nimmt eben höhere Preise als andere. Und das funktioniert ja auch nur solange, wie es eben funktioniert. Macallan hat in der Vergangenheit hart daran gearbeitet, ein Image aufzubauen, dass höhere Preise erzielt. Dieses Image muss dann aber auch gehalten werden. Durch Qualität. Man wird sehen.

Der Tourguide erzählte uns noch, dass wenn man in Asien die Leute nach den Top 10-Luxusmarken befragt, ist Macallan immer dabei. In Deutschland und Europa wahrscheinlich undenkbar.

Woher der Name Macallan eigentlich kommt, weiß man selbst bei Macallan nicht genau. Denn weder einer der Gründer noch ein bedeutender Malt Master oder Warehouse Manager hieß so. Es gibt nur Vermutungen. Die plausibelste berichtet von einer Ableitung gälischer Worte für Personen und Gebäude in der Umgebung der Brennerei.

Genaugenommen heißt Macallan ja "The Macallan". Wie der Tourguide mit einem Augenzwinkern erzählte, hat man sich das "The" selbst verliehen. The Macallan klingt besser als nur einfach Macallan. Den Anstoß dafür gab ausgerechnet ein Konkurrent in der Speyside: Glenlivet.

Glenlivet war die erste Brennerei mit offizieller Lizenz und damals wohl auch der qualitativ hochwertigste Whisky. Da es damals so etwas wie Namensrechte nicht gab und Glenlivet auch eine Bezeichnung für die Region ist (Glenlivet heißt "Das Tal des (Flusses) Livet)", versuchten viele Brennereien, sich an den Erfolg und das Image von Glenlivet dranzuhängen und fügten ihrem Brennerei-Namen einfach die Regionalbezeichnung Glenlivet hinzu. So auch Macallan.

Allerdings waren eben nicht alle Whiskys von der Qualität, wie sie Glenlivet damals bot und so litt der Markenname ein wenig unter der schlechteren Qualität der Konkurrenten.

Da Glenlivet aber diese zusätzliche Ortsbezeichnung bei anderen Whiskys nicht verhindern konnte, entschied man sich für den Markennamen "The Glenlivet".

Dieses "The" im Namen wiederum gefiel den Chefs bei Macallan so gut, dass sie sich das "The" ebenfalls selbst zuerkannten und seitdem heißt Macallan eben "The Macallan". Klingt gleich etwas edler.

Die neue Produktionshalle von Macallan, in der jetzt 15 statt vorher 5 Mio Liter Alkohol pro Jahr produziert werden können, sieht übrigens so aus:














Zwischendurch gibt es kleine nette "Zwischenstopps", an denen bestimmte Dinge erklärt oder erzählt werden. Und diese Zwischenstopps sind so mit viel Liebe zum Detail gemacht, dass man das Big Business um Macallan vergisst. Man merkt, dass die Ingenieure und Designer und Marketing-Leute sich wirklich viel Mühe gegeben haben, um nicht noch eine Standard-Tour irgendeiner Brennerei abzuliefern.

Diese Zwischenstopps sind kleine runde Tische mit einem Metallring außen dran. Kommt man an den Tisch, ist er leer und man wundert sich erst. Dann dreht der Tourguide an dem Metallring und aus der Mitte des Tisches dreht sich ein Objekt nach oben, an dem dann irgendwas erklärt wird. Die Farben und Aromen des Whiskys zum Beispiel:




Oder das alte Stammhaus der Macallan-Brennerei:



Ein weiterer Dreh und man bekommt einen Querschnitt durch das Haus.



Und auch hier wieder viel Liebe zu Detail und nette Ideen: in einem der Zimmer steht ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen und auf dem Tisch steht eine kleine Miniatur-Flasche Whisky. Wie in einer Puppenstube. Und angeblich enthält diese Mini-Spielzeugflasche tatsächlich Whisky von Macallan. 

Ob das nun stimmt oder nicht, egal, aber die Idee ist nett und außergewöhnlich und davon gibt es eben bei der Macallan-Tour einige.

Dann gibt es noch einen schönen Film vor einem großen Bildschirm über die Herstellung des Whiskys und der Fässer.














Und am Ende des Films erhebt sich aus der Mitte eines Tisches im Raum eine Flasche Macallan-Whisky.




Dazu gibt es einen kleinen Raum, in dem man die unterschiedlichen Aromen verschiedener Fässer "erriechen" kann.




Das Tasting findet dann in einem am Boden und an der Decke verspiegelten Raum statt, der an den Wänden mit halben Whiskyfässern verkleidet ist und bei dem man den Eindruck bekommt, als würden die Fässer nach oben und unten ewig weitergehen. Ohne Ende. 







Zusammengefasst muss man sagen: Macallan ist die beeindruckendste Brennerei, die ich bisher gesehen habe (und es waren inzwischen 8 an der Zahl) und die Tour ist mit ihren Details und ihrer technischen Perfektion sehr besonders.

Für einen Whisky-Fan ein absolutes Muss. Egal, was man vom Marketing-Zauber und der Preispolitik von Macallan hält.

Nach der Tour hatten wir noch ein wenig Zeit und fuhren einfach so durch die Speyside und abends zurück nach Forres.


29. Mai

Am Morgen gab es wieder ein selbstgemachtes Frühstück und danach räumten wir die Ferienwohnung, da wir für die folgenden zwei Nächte ein Hotel in Tomintoul, mitten in den Highlands gebucht hatten.

Wir machten uns dann auf den Weg, um endlich nach Loch Ness zu kommen, dass wir meiner Mutter unbedingt zeigen wollten. Wie schon erwähnt, macht Loch Ness, wenn man es als eine der ersten Schottland-Erfahrungen erlebt, einen gewaltigen Eindruck. Hat man allerdings auch schon die Landschaften um Loch Lomond oder Glen Etive oder auf Skye gesehen, fällt Loch Ness beim zweiten Besuch ein wenig ab. Eine Reise ist es trotzdem immer wert und man muss es eben einfach mal gesehen haben.

Bei Abfahrt von unserer Ferienwohnung wurde dann der Wunsch geäußert, doch noch einmal kurz bei den Pferden vom Vortag vorbeizuschauen. Naja, kein Problem, wir mussten ja eh nach Inverness und von dort waren es nur ein paar Minuten. Kein allzu langer Umweg.

Die Pferde standen auch wieder auf ihrer Koppel und meine Frau war glücklich und zufrieden. Plötzlich kam aus der Richtung, aus der gestern der LKW kam, ein dunkler Range Rover mit einer Frau am Steuer. Sei sah uns, stieg aus und wir fingen an zu plaudern und es stellte sich heraus, dass es die Mutter des jungen Mannes von gestern war. 

Zufälle gibt's. 

Sie bemerkte schnell unser tatsächliches Interesse für die Pferde und sie erzählte dann so einige Sachen über Herkunft, Abstammung der Pferde und Zukunftspläne.

Nach einer Weile lud sie uns dann zu sich nach Hause ein. Die Familie hatte ihren Hof paar hundert Meter weiter und dort waren noch weitere Pferde, die wir uns ansehen konnten.

Man kann sich kaum einen schöneren Ort zum Wohnen vorstellen. Nicht weit von einer Stadt, aber weit genug, um dem Lärm zu entfliehen, abgeschirmt hinter Hecken und Büschen und Bäumen etwas abseits der Hauptstraße und dann ein großes Grundstück, umgeben von saftigen Wiesen und Hügeln. Fehlt nur noch ein nahes Meer. Also so eines mit Sandstrand und Palmen, aber es waren ja die schottischen Highlands und da kann man sich kaum was Schöneres vorstellen.

Die Frau war sehr nett und freute sich auch, dass sich Touristen mal für ihre Pferde interessierten und auch allgemein über die Abwechslung, denn wer kommt schon da vorbei und hält an. Auch ihr Ehemann kam dann dazu. Der eigentliche Pferdeliebhaber und -züchter war er, obwohl man ihm das nie zugetraut hätte. Er war so mehr der Typ verschwiegener Brummbär, er hätte auch Bauarbeiter sein können. Wenn er dich grüßt und "Guten Tag" sagt, dann ist sein Soll an Worten für den Tag erreicht. Typischer wortkarger Landbauer.

Tatsächlich war die Pferdezucht nur ein Hobby und die Familie verdiente ihr Geld mit dem Errichten und Warten von Mobilfunkmasten.

Zunächst war der Mann eher wortkarg, aber auch er bemerkte schnell das Interesse und auch das Wissen meiner Frau, was Pferde angeht und er wurde immer gesprächiger. Schließlich baten uns beide in ihr Haus auf eine Tasse Tee und Gebäck und wir plauderten dann noch ein gutes Stündchen über Gott und die Welt.

Sehr angenehm.

Schließlich verabschiedeten wir uns und versprachen, beim nächsten Schottland-Besuch wieder vorbeizuschauen.

So wurde aus dem kurzen Abstecher zu den Pferden dann doch noch ein schöner Zwei-Stunden-Aufenthalt, aber es war noch immer genug Zeit für Loch Ness. Vorher noch schnell einen Imbiss bei McDonalds in Inverness und dann los. Am Westufer die A82 Richtung Süden. 

Wie schon gesagt, war es für uns nun nicht mehr der große "Oh- und Ah"-Effekt, aber da wir nichts anderes vor hatten an dem Tag und es leicht nieselte, war eine entspannte Fahrt entlang von Loch Ness ein schöner Zeitvertreib.

Zurück nach Forres fuhren wir wieder durch die westlichen Highlands. Wir hätten dabei entspannt auf der Autobahn fahren können. Die Strecke führte um ein paar Highland-Berge herum nach Norden, um dann am Ende nach Süden auf der anderen Seite der Berge abzuknicken, Richtung Tomintoul. Ich dachte mir, es müsste doch einen Weg durch die Highlands geben, also einfach quer durch, anstatt erst nach Norden und dann wieder nach Süden zurück. Und so war es auch. Wir fanden auf dem Navi einen Weg, Straße wäre wirklich zu viel gesagt, quer durch von West nach Ost. Mir war natürlich klar, dass dieser Weg nur rein kilometertechnisch eine Abkürzung war, zeitlich war es ein "Umweg". Aber der wurde belohnt. Wir fuhren auf einem kleinen, schmalen gepflasterten Weg auf Kammhöhe dieses Teils der schottischen Highlands und waren im Prinzip völlig allein dort oben. Naja, nicht ganz... ein Radfahrer hatte dieselbe Idee und fuhr dann tatsächlich eine Weile vor uns. Platz zum Überholen war nicht. Rechts ging es bergab, links war der Kamm des Berges und die ansonsten auf kleinen Highland-Straßen üblichen Passing Places gab es nicht.

Es war schon etwas skurril. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass du mit deinem Auto diesen einsamen Weg durch die Highlands nimmst und dann ausgerechnet auf einen Radfahrer triffst?

Naja, ich fuhr dann gemütlich hinter ihm her, denn irgendwo musste ja mal eine natürliche Wegverbreiterung kommen und zudem war der Radfahrer sportlich unterwegs, erfuhr also in seinem Rhythmus und da wollte ich ihn nicht stören. Nach etwa 10 Minuten kam dann auch eine solche natürliche Verbreiterung des Weges und er verlangsamte seine Fahrt, so dass wir überholen konnten.

Im weiteren Verlauf der Strecke stiegen wir noch ein paar Mal aus und genossen die Weite und absolute Stille der Highlands, nur leicht unterbrochen vom entfernten Rauschen der Flüsse Avon und Spey.




Irgendwann gegen 20:30 kamen wir in Tomintoul im Five Arms-Hotel an und verbrachten dann noch einen gemütlichen Abend in der Hotelbar bei Sausage and Mash und ein paar schönen Drinks.




Die Bar ist übrigens sehr gut bestückt. Jedenfalls, wenn man in die Karte schaut. Meine ersten 4 Whisys, die in der Karte standen und die ich haben wollte, gab es leider nicht. Ich weiß nicht mehr, welche es waren. So kam dann zufällig ein Gespräch mit dem Barkeeper (und Hoteleigentümer) zustande, welche Whiskys er denn empfehlen würde oder welche ihm gefallen würden. Und irgendwann erwähnte ich dann auch, dass ich an dem Tag die Macallan-Brennerei besichtigt habe und schon sehr beeindruckt gewesen war.

Daraufhin meinte er, Macallan wäre für ihn wie Spülwasser oder ein alter Spülschwamm, so genau konnte ich sein Englisch-Slang nicht verstehen. Aber irgendwas in der Art. Ich fragte dann natürlich wieso und dann kamen so die Argumente, die eigentlich eher mit der Preispolitik und dem Marketing von Macallan zu tun hatten, als mit der Qualität der Whiskys. Er meinte dann so etwa, dass sie die knapp 150 Mio. Pfund weniger in den Empfangsbereich und das Drumherum hätten stecken sollen, sondern eher in mehr Arbeitsplätze für die regionale Bevölkerung. Ich merkte schnell, dass die Frage, weshalb ein Unternehmen mehr Personal beschäftigen sollte als notwendig, hier nicht weiterführen würde.

Letztlich erinnerte mich die Unterhaltung dann an Gespräche mit Musikliebhabern, die grundsätzlich elektronische Musik ablehnen, weil ja da die Musik aus dem Computer kommt und nicht aus einem Instrument. Dass die Musik aber niemals allein aus dem Computer kommt, sondern erst durch menschliche Kreativität entsteht und dann lediglich vom Computer umgesetzt wird, verstehen solche Leute nicht. Bands wie Tangerine Dream, Kraftwerk oder auch Depeche Mode wären sehr verstört, wenn man ihre Musik als reines Produkt eines Computers bezeichnen würde.

Und so ist es auch mit Whisky. Es gäbe ja so viele kleine Brennereien, die mit viel Liebe und Leidenschaft und viel gutem Handwerk arbeiten würden und Macallan macht alles industriell.

Also mal abgesehen davon, dass bei Macallan in jedem Produktionsschritt ebenso viele Leidenschaft drinsteckt (und erst recht bei der Fassauswahl und der Reifung) wie bei kleineren Brennereien, gibt es viele Whisky-Trinker, die zum Beispiel Glenfarclas als "Ferkel" bezeichnen und die Qualität dieser Whiskys anzweifeln. Da nützt auch alle Handwerkskunst und Familientradition bei Glenfarclas nichts.

Ich mag übrigens Glenfarclas. Hab die Brennerei auch 2018 besucht. Ist empfehlenswert.

Naja, ich lenkte dann die Diskussion eher auf die persönlichen Vorlieben und dann war es doch noch ein angenehmer Austausch. Und ich fand auch noch Whiskys, die sowohl in der Karte als auch an der Bar verfügbar waren.

Funfact: das Hotel war in Tomintoul und alle Whiskys von Tomintoul waren in der Bar ausverkauft. Denn knapp zwei Wochen vorher war das Speyside Festival und da war auch eine Gruppe deutscher Touristen, die die gesamten Tomintoul-Bestände der Bar weggesoffen hatten.


30. Mai

Am nächsten Morgen nahmen wir wieder ein Full-Scottish-Breakfast im Hotel zu uns und überlegten uns dann, was wir mit diesem letzten kompletten Tag in Schottland anfangen würden. Das Wetter schränkte uns bei der Entscheidungsfindung erheblich ein. Es war ein ziemlich ungemütlicher, regnerischer Tag. Spezielle Ziele hatten wir eh nicht mehr in unserem Urlaub, also ging ich zum benachbarten Whisky-Laden "The Whisky Castle" und schaute mich dort ein wenig um. Meine Frau und meine Mutter vertrieben sich die Zeit irgendwie anders.




Ich war letztes Jahr schon mal in Tomintoul und auch im "The Whisky Castle", einem Laden mit mehr als 500 Malt Whiskys im ständigen Angebot. Etwa 50 davon waren immer zum Probieren offen. Letztes Jahr war ich schlicht von der Menge überfordert und nach ein paar Minuten wieder draußen.

Dieses Jahr war ich darauf vorbereitet, was mich erwartet und hielt es länger aus.

Der Inhaber war ein Whisky-Nerd im besten Sinne und hatte gute Kontakte zu den Brennereien, logischerweise zu Tomintoul, aber auch zu unabhängigen Abfüllern. Vorneweg Carn Mor.

Ich hatte vorher von diesem Abfüller noch nichts gehört und probierte einen Fettercairn und einen Craigellachie. Wunderbar!

Carn Mor hat sich auf zwei Dinge spezialisiert. Junge Whiskys, also so 6 bis 9 Jahre, die aufgrund der Qualität der Fässer schon reif zum Abfüllen sind und sehr alte Whiskys. Die beiden, die ich probiert hatte, gehörten zur ersten Kategorie. Preislich lagen die so etwa bei 45 Pfund, also etwa 50 Euro. Was ich nicht unangemessen viel empfinde.

Hab mich dann ne Weile mit dem Shop-Inhaber unterhalten und er erzählte mir, dass er von Carn Mor auch exklusive Samples bekommt, bei denen er sich dann entscheiden kann, ob er Abfüllungen haben möchte oder nicht. Man bekommt diese dann nur in seinem Laden.

Schade, dass man die Abfüllungen nicht alle in Deutschland kaufen kann. Ich glaube, ich bringe mir nächstes Jahr vielleicht zwei oder drei Flaschen mit.

Amüsiert war der Inhaber, als ich ihm sagte, dass im Hotel nebenan die Tomintoul-Whiskys ausgegangen waren. Er ist mit dem Hotelinhaber befreundet (in dem kleinen Ort Tomintoul ist wahrscheinlich jeder mit jedem befreundet) und meinte, ich solle ihm einen schönen Gruß ausrichten und ihn daran erinnern, dass gleich neben seinem Hotel ein Freund von ihm einen bekannten Whisky-Laden betreibt, der durchaus Nachschub liefern kann.

Irgendeinen anderen Whisky habe ich dann auch noch probiert und nach 3 Samples war ich der Meinung, dass das zunächst eine ausreichende Whisky-Menge für vormittags gegen 11 Uhr war.

Das Wetter war immer noch nicht wirklich vertrauenerweckend und so schauten wir uns den kleinen Ort mal etwas näher an. Das ist keine große Herausforderung, besteht der Ort doch nur aus einer Hauptstraße, ein paar Nebenstraßen und 3 Hotels, zwei Restaurants, ein paar Shops, vielleicht 50 Häusern und einem Heimatkunde-Museum, dem "Tomintoul and Glenlivet Discovery Centre". 




Und tatsächlich haben wir uns dieses kleine Museum angesehen und tatsächlich, wenn man sich einmal drauf einlässt, ist es auch wirklich interessant. Normalerweise vermutet man ja immer langweiligen Touristenkram in solchen Heimatmuseen, aber dieses war wirklich mit viel Liebe und Detailfreude gemacht. Finanziert aus der staatlichen Lotterie und eröffnet im Jahr 2018, gibt es wirklich eine gute Vorstellung vom Leben in der Region durch die Jahrhunderte. Landwirtschaft, Whisky, Flora und Fauna der Gegend... alles wird mit vielen kleinen Details und Fundstücken dargestellt. Wenn man sich das so ansieht und sich vorstellt, wie hart das Leben für die Menschen früher in den Highlands war und sie dennoch das Beste draus gemacht haben, kommt man sich schon ein wenig komisch vor, wenn man daran denkt, über welche Sorgen und Probleme wir uns heutzutage in unserer komfortablen Welt aufregen. Solche "Reisen in die Vergangenheit" sind hin und wieder ganz nützlich, um seine Koordinaten wieder ein wenig zu sortieren.

Auch eine Königin war schon mal in Tomintoul, nämlich Queen Victoria, irgendwann im 19. Jhdt. und sie bezeichnete Tomintoul als den hässlichsten und einsamsten Ort der Welt, den sie je gesehen hatte. Die Häuser und die Bewohner würden sich sehr ähneln in ihrer Hässlichkeit und Armut, allein die tolle Landschaft drumherum ist ein Besuch wert.

Heute ist Tomintoul immer noch ein kleiner und recht einsamer Ort, auch wenn natürlich alle Annehmlichkeiten der Moderne vorhanden sind. Und die Leute mögen etwas schrullig sein, aber sie sind sehr nett und freundlich.

Es dauerte knapp zwei Stunden, bis wir durch das Museum durch waren und als wir wieder raus kamen, hatte sich das Wetter auch gebessert und wir entschlossen uns, mit dem Auto einfach so durch die Speyside zu fahren. Ich wollte noch einmal nach Craigellachie ins "Highlander Inn", nochmal nach Aberlour in die "Mash Tun", nochmal ans Ufer der Spey und so weiter...

So machten wir das dann auch und hatten noch einen schönen entspannten Tag in der Speyside.

Abends im Hotel gab es dann wieder Sausage mit Mash und ein paar Drinks/Drams und am Ende wurde sogar noch gesungen.

Eine englische Familie, von der die Großeltern in Tomintoul leben, trifft sich jedes Jahr ein paar Mal im Ort und verbringt dann Zeit zusammen. Abends gehen sie dann ins Richmond Arms - Hotel und essen und trinken zusammen und auf einmal stand der Großvater auf und kam mit einem Akkordeon zurück. Erst dachte ich spontan: nein, das meinen die jetzt nicht ernst, aber dann begann er zu spielen und die anderen aus der Familie sangen dazu und dann wurde es doch richtig schön. Wir setzten uns näher dran und sangen irgendwie mit (manche Lieder waren auch mit deutschen Texten bekannt) und irgendwann holte einer noch ein paar selbstgemachte Liederbücher, in denen die englischen Texte drin standen und wir sangen dann alle zusammen. Es kamen dann noch zwei Amerikaner dazu, mit denen ich dann noch bis in die Nacht die großen Fragen der Weltpolitik ausdiskutierte und so war es ein toller Abschlussabend für den Urlaub. Gegen 1:30 machte der Inhaber und Barkeeper darauf aufmerksam, dass die Bar eigentlich schon lange geschlossen wäre und er am nächsten Morgen das Frühstück vorbereiten müsste und dann verabschiedeten wir uns alle und gingen schlafen.


31. Mai

Letzter Tag in Schottland.

Morgens nach dem Frühstück packten wir unsere Sachen, checkten aus und hatten dann noch ein paar Stunden Zeit, bis wir irgendwann nachmittags am Flughafen in Aberdeen sein mussten.

Also fuhren wir entspannt los und machten unterwegs nochmal Halt in der Speyside Cooperage, also der großen Fassmanufaktur in Dufftown, in der die Fässer für viele Whisky-Brennereien hergestellt/aufbereitet werden.

Wir waren letztes Jahr schon mal da, als wir am ersten Tag dort zufällig vorbeikamen und wir wollten einfach nochmal die wunderschöne Anlage sehen und im Café Carrot-Cake essen, der uns schon letztes Jahr so toll geschmeckt hatte. Außerdem brauchte ich einen neuen Tischkalender für mein Büro für das Jahr 2020. Letztes Jahr hatte ich mir einen für 2019 mitgebracht und da musste natürlich ein neuer her, der mir ein wenig hilft, die Zeit bis zum nächsten Urlaub zu überbrücken.

Man kann natürlich auch eine Tour durch die Küfnerei machen, aber weder im letzten noch in diesem Jahr hatten wir dafür Zeit. Es war schon gegen 15 Uhr und der große Besucheransturm war durch, so dass wir fast allein auf dem Gelände waren.

Wir saßen dann auf der gemütlichen Terrasse des Cafés auf Stühlen und an Tischen aus Whiskyfass-Dauben und genossen den Carrot Cake und die schöne Umgebung.

Wir beschlossen, unseren Schottland-Urlaub im nächsten Jahr direkt in der Cooperage zu beginnen, denn die wunderschöne Umgebung mit ihrer heimeligen, sanften Speyside-Landschaft beamt dich sofort runter auf ein Entspannungslevel, dass man für einen schönen Urlaub braucht. Wir steckten dann noch etwas mehr den Rahmen für den Urlaub im nächsten Jahr ab und fuhren dann los Richtung Flughafen Aberdeen.

Im Flughafen schlug ich im Duty Free noch einmal bei zwei Schnäppchen zu, einem Glengoyne Cuartillo und einem UK-exclusive Glen Grant "Rothes Chronicles" aus der Cask Haven-Serie. Letzteren hatte ich mir schon letztes Jahr dort gekauft und da er mir sehr gut gefallen hatte, besorgte ich mir diesmal Nachschub.

Dann ging irgendwann der Flieger und wir kamen entspannt wieder zuhause an und freuen uns schon auf das nächste Jahr im Mai in Schottland. Dann soll es noch weiter nördlich und westlich gehen und es werden mit Sicherheit auch wieder zwei, drei oder vier Brennereien auf meinem Plan stehen.

Bis dahin...






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