"Framing", also gezieltes Erzeugen positiver oder negativer Assoziationen durch bewusste Verwendung bestimmter Wörter, gilt bei vielen noch immer als "rechte Verschwörungstheorie".
Dabei ist es ein seit jeher verwendetes Stilmittel der Kommunikation. Auch im Journalismus. Dort meist im Rahmen von Kommentaren, also persönlichen Meinungen.
Die ARD verwendet (oder verwendete) ein solches Framing auch in ihrer Außendarstellung. Als ein entsprechendes internes Papier 2019 an die Öffentlichkeit kam, war die Kritik lautstark quer durch alle Medien zu vernehmen.
Netzpolitik hatte das Dokument damals online gestellt (hier).
Der SPIEGEL, als wirtschaftlicher Konkurrent des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks (obwohl meist Bruder im Geiste) kritisierte die geplante Vorgehensweise ebenfalls (hier).
Schließlich sollte die ARD sich ein Image des moralischen Richters geben, damit der Konsument von öffentlich-rechtlichen Nachrichten und Informationen ein grundsätzliches Gefühl des Vertrauens hat. Er sollte sich nicht als Empfänger von Nachrichten fühlen, sondern als Beteiligter des gesamten Prozesses der Nachrichtenübermittlung.
Während es in der reinen Werbung oder im Marketing generell durchaus ein legitimes Mittel ist, positive Assoziationen zu erzeugen, wird es dann bedenklich wird es, wenn Framing im Geschäft der Nachrichtenübermittlung verwendet wird, wenn also eigentlich über Personen oder Ereignisse einfach nur berichtet werden soll. Meist geschieht das über Eigenschaftswörter, die den Personen oder Ereignissen zugeordnet werden. Wir kennen das.
Der oder die "umstrittene" Autor/in, Wissenschaftler/in, Politiker/in...
Die "rechtspopulistische" Partei...
Die "liberale, progressive" Partei oder Organisation...
Der "anerkannte Experte"...
Die "kontrovers diskutierte" Aussage...
Die "polemische" Rede...
Der "im Ruhestand befindliche ehemalige" Wissenschaftler...
Und so weiter.
Täglich hören und lesen wir solche Eigenschaftszuordnungen auch im Rahmen von reinen Nachrichten.
Manche sind subtil gesetzt, andere gehen gleich in die Vollen. So wie der FOCUS in einem aktuellen Kurzbericht über ein Interview von Alice Weidel im ZDF-Morgenmagazin.
"Weidel giftet" heißt es da in der Überschrift.
Also ich höre, daß jemand giftet, hab ich eine ziemlich genaue Vorstellung von einer unangenehmen, genervten, schnippischen und fast hysterischen Person vor Augen, die dem Gesprächspartner irgendwelche Beleidigungen an den Kopf knallt.
Der Beitrag ist als Video verfügbar, also schaut mal selbst:
Habt Ihr es auch gesehen, dieses "giften"?
Nein?
Ich auch nicht.
Alice Weidel wies freundlich daraufhin, daß sie doch bitte mal ausreden wolle, schließlich durfte das eine vorherige Interviewpartnerin auch. Die Schmierfinken und Schreibtischtäter vom FOCUS basteln daraus sogar einen "Angriff von Alice Weidel auf die Moderatorin".
Also Alice Weidel ist ja durchaus gern mal spöttisch unterwegs, was man in manchen, vor allem früheren, Einzelfällen auch mal als "giften" bezeichnen konnte, aber das hier hat nun wirklich mit "giften" gar nichts zu tun.
Die einzigen, die "gegiftet" haben, sind die sog. "Journalisten" beim FOCUS, die sich diese Überschrift und den Beitragstext ausgedacht haben. Wer nur die Überschrift liest oder den Text und sich das Video nicht ansieht, muss ein völlig falsches Bild von dem Interview bekommen. Und fast schon Mitleid mit der Moderatorin und Respekt davor, wie sie diesen "Angriff" der "giftenden" Alice Weidel ruhig wegmoderiert hat.
Natürlich wird im Videoausschnitt zum Beitrag auf die entsprechenden Stellen aus dem Interview verzichtet, wo die Moderatorin Alice Weidel unterbrochen hat.
Und so entsteht eben ein Eindruck, der mit der Realität gar nichts zu tun hat.
Ein anderes schönes Beispiel lieferte die taz.
Nachdem der Feierabend-Clown des deutschen Zwangsfernsehen "Böhmermännchen" einen - ACHTUNG: FRAMING! - "rechtsextremen" Youtuber aus der Anonymität in die Öffentlichkeit gezerrt ("gedoxxed") und seinen Namen, seine Adresse und die Adresse der Kita seiner Kinder veröffentlicht und auch den Eltern einen unerwarteten Besuch abgestattet hat, war das linke Meinungsblatt taz der Ansicht, daß es richtig ist, daß der rechte YouTuber "enthüllt" wurde.
Vor einer Weile war die taz noch der Meinung, daß "Doxxing" gefährlich und unmenschlich ist. Im Fall von Böhmermännchen ist es aber kein "Doxxing" mehr, sondern "enthüllen" und richtig.
Der (wahrscheinlich rechte) Twitter-Zitate-Archivar "ArgoNerd" hat das mal wieder "enthüllt".
Es kommt eben immer darauf an, wer etwas tut und wer darüber berichtet.
Haltung und so.
Prinzipien sind Linken dagegen weitgehend fremd. Deren oberstes Prinzip ist noch immer: der Zweck heiligt die Mittel.
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