Freitag, 29. Juni 2018

Steuern, Neusprech und Heuchelei




Heute ein Update bekommen über steuerliche Änderungen und evtl. Auswirkungen auf unser Unternehmen. Es ging um BEPS. Vorher nie davon gehört.

BEPS steht für Base Erosion and Profit Shifting. Auf Deutsch: Wegbrechen der Steuerbasis und Gewinn-Verschiebung. 


Das ist ein "Projekt" der OECD und G20-Staaten. 

Hintergrund sind steuerliche Regelungen, die es Unternehmen erlauben, legal Gewinne in Niedriglohngebiete zu transferieren und dort wenig bis keine Steuern zahlen zu müssen. Wie gesagt: legale steuerliche Regelungen. Gemacht von Politikern.


Anlass dieses Projektes waren unter anderem die sog. "Panama-Papers", also illegal beschaffte steuerliche Dokumente, gestohlen bei einer Anwaltskanzlei, mit denen viel heiße Luft über angeblich dubiose steuerliche Gestaltungen produziert wurde, prominente Namen veröffentlicht wurden (also Menschen und Unternehmen an den Pranger gestellt wurden) und bei denen bis heute kein einziges kriminelles Verhalten zur Anzeige gebracht werden konnte.


Und zentrales Mantra dieses Projektes ist, dass das Verhalten der Unternehmen zwar legal, aber unmoralisch sei.


Man muss es sich langsam auf der Zunge zergehen lassen: 

sich an bestehende gesetzliche Regelungen zu halten, ist unmoralisch! 

Und dieser Vorwurf kommt von Politikern! Und Politiker waren es, die diese Regelungen geschaffen haben.

Mit der Einführung von "Moral" (wessen Moral eigentlich?) in die Steuerpolitik wird Rechtsstaatlichkeit, also Handeln von staatlichen Instititutionen, auf das man sich verlassen kann, ad absurdum geführt. 

Nochmal: man hält sich an bestehende Gesetze und wird dafür öffentlich beschimpft und mit kriminellem Handeln in Verbindung gebracht.

Unmoralischer geht es eigentlich kaum! Man prangert Unternehmen/Menschen an, die sich an bestehende Regelungen halten.

Ein Ziel des BEPS-Projektes ist, eine sogenannte Steuergerechtigkeit zu schaffen. Also "faire" Bedingungen für Unternehmen, die im Wettbewerb stehen. "Fair" bedeutet hier "gleich". 

Also Steuerwettbewerb zwischen Staaten soll verhindert werden, um Wettbewerb zwischen Unternehmen zu fördern. Während also die Unternehmen auf der einen Seite mit immer mehr regulatorische Auflagen zu kämpfen haben, die angeblich dem Wettbewerb dienen sollen, tatsächlich aber eine Offenlegung sämtlicher Firmeninterna und oft auch eine staatlich erzwungene Änderung des eigenen Geschäftsmodell bedeuten, wird Wettbewerb zwischen den Staaten, hier konkret Steuerwettbewerb, als schädlich angesehen.

Gleichzeitig werden damit Steuereinnahmen implizit als ein moralisches Recht von Staaten erklärt. Unternehmen und natürlichen Personen überall auf der Welt die gleiche Menge an Geld abnehmen zu dürfen, wird zum moralischen Anspruch erklärt. Wettbewerb soll nur für Unternehmen gelten und ist dort angeblich gut, während Wettbewerb zwischen Staaten aber schlecht ist. 

Mit väterlicher Fürsorge werden dabei vor allem kleine und mittelständische, national agierende Unternehmen in vermeintliche staatliche Obhut genommen, da die im Wettbewerb nicht die gleichen Chancen hätten wie multinational operierende Unternehmen.

Dass national agierende, kleine und mittelständische Unternehmen selten im Wettbewerb mit multinational agierenden Unternehmen stehen, wird dabei völlig ignoriert. Zudem ist es schlicht falsch, dass national agierende Unternehmen die Regelungen zur Steueroptimierung nicht nutzen können. Nach den "Panama Papers" haben Steuerkanzleien darauf hingewiesen, dass sich die Inanspruchnahme dieser Regelungen schon für Handwerker mit einem mittleren sechstelligen Jahresgewinn rechnet. Gerade im deutschen Handwerk nun wirklich keine Seltenheit. Von kleinen und mittleren Unternehmen entsprechend der Größenklassen des HGB ganz zu schweigen.

Das BEPS-Projekt baut also auf falschen Vorwürfen auf und auf einer nachträglichen "Demoralisierung" bestehender gesetzlicher Regelungen.

Diese Regelungen sollen, wie bereits gesagt, "gleiche und faire Bedingungen" für Unternehmen schaffen. Die Regelungen im Rahmen des BEPS-Projektes wurden von der OECD und den G20-Staaten beschlossen. Sie sind also kein implementiertes Recht, denn die OECD und die G20 können kein Recht in den Mitgliedsstaaten setzen, sondern lediglich Empfehlungen an die (noch) souveränen Staaten, diese Regelungen dann freiwillig in nationales Recht umzusetzen.

Da jedes Land natürlicherweise diese Regelungen unterschiedlich und zu verschiedenen Zeitpunkten, wenn überhaupt, in nationales Recht umsetzen werden, wird genau das Gegenteil geschehen. Es werden wiederum verschiedene juristische Regelwerke geschaffen, die dann wiederum im Rahmen der völlig legitimen Optimierung von Steueraufwand durch Unternehmen und Privatpersonen ausgenutzt werden. Und damit wird wieder Handlungsbedarf für Bürokraten und vom Steuerzahler alimentierte Organisationen geschaffen, die genau den Personen/Unternehmen immer weitere Fesseln anlegen, von deren Geld sie leben.

Bezeichnend auch der Name des Projektes: BEPS. Ein wunderbares Beispiel, wie Politik die Realität mittels Sprache auf den Kopf stellt. Das B und das E stehen ja für Base Erosion, also ein Wegbrechen der Steuerbasis. Man denkt dabei an hilflose und bedauernswerte Staaten, die immer weniger Steuereinnahmen zur Verfügung haben, um ihr "segensreiches" Wirken am Bürger durchführen zu können.

Wo genau liegt eigentlich dieser Staat, dem die Steuerbasis wegbricht? 

Deutschland kann es nicht sein, denn dort liegen die Steuereinnahmen jedes Jahr auf einem neuen Rekordhoch. Seit Jahrzehnten! 

Es kann also überhaupt keine Rede von einem "Wegbrechen der Steuerbasis" sein. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Die Steuereinnahmen steigen. Die G20- oder OECD-Staaten hätten gern nur noch mehr Steuereinnahmen. Und obwohl sie schon seit Jahrzehnten nicht mit dem steigenden Steueraufkommen haushalten können, sind es immer genau die durch legale Steuergestaltung "fehlenden Steuereinnahmen", die die Staaten angeblich daran hindern, Schulen, Kindergärten und Infrastruktur zu bauen oder "Sozialleistungen" zu erhöhen. 


Wer noch ein aktuelles Beispiel für das heuchlerische und räuberische Verhalten multinationaler, nicht demokratisch legitimierter Organisationen und von Staaten brauchte, hat dies mit dem "BEPS"-Projekt.



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