Mittwoch, 4. Juni 2025

Elektro-Boom? Wo denn?

Ich verfolge ja schon eine Weile das Geschehen rund um die Elektromobilität. Und da gibt es auf der einen Seite die Artikel und Beiträge in den Medien, die einen Elektro-Siegeszug bejubeln und sich über den ewig-gestrigen "Diesel-Dieter" lustig machen, der die Zukunft verpasst und dann gibt es auf der anderen Seite die Realität, also die Verkaufszahlen und die Meldungen aus den Unternehmen.

Jetzt gab es wieder neue Meldungen.

Von Siegeszug keine Spur, jedenfalls nicht in Deutschland.

Mercedes hat am oberen Ende der automobilen Nahrungskette seine als Verbrenner seit Jahrzehnten überaus erfolgreiche G-Klasse elektrifiziert



Bild: Mercedes


Also der kantige Geländewagen, der früher den Förster und den Fahrdienst der Bundeswehr beglückte und inzwischen zum Lifestyle-Markenzeichen geworden ist. Herausragende Geländefähigkeiten immer noch inklusive!

Und was liest man da in dem Beitrag?

"Steht wie Blei bei den Händlern": Neues Mercedes-Modell wird zum Mega-Flop

Seit der Markteinführung im April 2024 konnte Mercedes ganze 1.450 Einheiten verkaufen.

Nun kann man sagen, die Zeiten sind schlecht und bei den Preisen ab etwa 135.000 Euro kein Wunder.

Nun, das Verbrennermodell, das nur unwesentlich billiger ist und sehr oft sogar in den teureren, großen Motorvarianten oder gleich als AMG-Version gekauft wird, hat im gleichen Zeitraum 9.700 neue Käufer gefunden. Also an den schlechten Zeiten und den hohen Preisen kann es nicht liegen.

Woran es tatsächlich liegen könnte, steht auch im Beitrag:

Der Wagen ist sehr schwer, hat nur eine geringe Zuladung, KEINE Anhängerkupplung und eine überschaubare Reichweite. Offiziell sind es zwar etwa 470 km nach WLTP, aber wie bei allen E-Autos sieht die Praxis völlig anders aus. 300 Kilometer dürften realistisch sein.

Also ein klassisches Zugfahrzeug ohne Zuladung und Anhängerkupplung? Geniale Idee. Das wäre dann tatsächlich nur ein reines Lifestyle-Spaßmobil, aber wer die Kundschaft der richtigen G-Klasse kennt, der kann ahnen, daß die kaum auf diesen Stromkasten abfahren werden.

Mercedes hält aber weiterhin an den Verkaufszielen fest. Was sollen sie auch tun? Sie müssen ja. Die staatlichen Plankommissionen Deutschlands und der EU haben es ja vorgegeben. Und an den Plänen wird festgehalten. Koste es, was es wolle und egal, wie utopisch die Pläne sind.

Okay, ganz so weit wie im Sozialismus, wo am Ende die Pläne immer "übererfüllt" wurden, sind wir noch nicht. Die Kontoauszüge der Autohersteller lügen nicht.

Aber auch am Brot-und Butter-Büffet der E-Auto-Showrooms tut sich nicht viel. Also nicht im Sinne von "es gibt da nichts", nein, es gibt schon ein großes Angebot, aber es tut sich nicht viel im Sinne von technischem Fortschritt. Immer noch schwer, geringe Reichweite, teuer.

Ford hat jetzt sein Verbrenner-Erfolgsmodell Puma an Plus und Minus angeschlossen. Die erste Elektro-Eigenentwicklung von Ford in Deutschland.

Vorher musste man den Ladenhüter Mustang Mach-E aus den USA übernehmen und dann baute man mit Hilfe von VW den Elektro-Geländewagen Explorer (auch kein Verkaufs-Hit) und versaute mit einem elektrischen "Capri" den glorreichen Namen eines legendären Ford-Modells des letzten Jahrhunderts.

Nun also der Puma.




Schick ist er ja. War er schon als Verbrenner, aber ob die Kundschaft bereit ist, 15% mehr auf den Tisch zu legen, darf man bezweifeln. Bei Einstiegspreisen von 36.900 Euro sind das immerhin knapp 5.00 Euro. In dieser Preisklasse schon erheblich.

Und was bekommt man dann für den Aufpreis?

Eine mickrige 43kWh-Batterie, eine auf 160 km/h begrenzte Höchstgeschwindigkeit und eine Ladedauer von über 20 Minuten für 80% Prozent "Füllstand".

Die Reichweite beträgt offiziell 374 Kilometer. In der Praxis dürften es dann wiederum eher so um die 300 sein. Es sei denn man hat zuhause eine Wallbox, an der man das Auto jederzeit ans Kabel hängt. Oder einen Firmenparkplatz mit Ladesäule. Das Marktpotential dürfte damit auch bei diesem E-Modell überschaubar sein.

Im ersten Verkaufsmonat April 2025 wurden laut KBA 321 Stück neu zugelassen. Ein Großteil davon werden die Händlerzulassungen für die Autohäuser sein. Mal sehen, ob das der "Befreiungsschlag" für Ford Deutschland ist, von dem der Autor der Auto-Bild spricht.

Vom Verbrenner-Bruder, den es übrigens nur als Benzin-Hybrid gibt, wurden im April mehr als dreimal so viel verkauft. 965 Einheiten.

Immerhin hat der E-Puma einen vergleichsweise großen Kofferraum. Will man den aber voll ausnutzen, dürfte die Reichweite noch mehr leiden.

Das Fazit des Auto-BILD-Autors liest sich so:





Hm, als "Elektroauto allenfalls Mittelmaß und kein Schnäppchen".

Warum soll ein Käufer für den Vorteil "aus der alten Welt", nämlich den großen Kofferraum mehr Geld bezahlen, wenn er so ziemlich alle Nachteile aus "der neuen Welt" dafür bekommt.

Den großen Kofferraum, das schicke Auto und ein paar mehr Vorteile kriegt er mit dem Verbrenner-Puma für weniger Geld.

Er fährt halt "leidenschaftlicher" als die Konkurrenz. Ach was! Leidenschaftlicher? Was soll das denn sein? Wie misst man denn, ob ein E-Auto "leidenschaftlicher" als seine Konkurrenten fährt?

Irgendwie fällt die Kritik in den Fachmedien an den E-Autos sehr seltsam aus. Irgendwas Positives muss man sich halt immer dazu dichten, damit es nicht nur negativ klingt. Sowas wie "leidenschaftlich" halt. Und natürlich auch irgendwas mit Klima und Nachhaltigkeit. Darauf wurde in diesem Beitrag immerhin mal verzichtet.


Von VW hört man auch Neues in diesen Tagen.

Das Sparpogramm ist auf einem guten Weg, las ich im AUTOHAUS-Newsletter. Schon etwa 20.000 VW-Mitarbeiter hätten die Vertragsangebote für einen Austritt aus dem Unternehmen bis 2030 angenommen. Mehr als die Hälfte der geplanten 35.000 abgebauten Stellen.

Weiter liest man dann, daß im Wolfsburger Stammwerk Sonderschichten gefahren werden mussten. Also auch mal gute Nachrichten von VW. Für alle Freunde der sogenannten "automobilen Zukunft" muss man aber darauf hinweisen, daß dort ausschließlich Autos mit Verbrennermotor montiert werden, also Golf und Tiguan. Die laufen derzeit richtig gut. Über 6.000 Stück wurden jeweils von beiden Modellen im April neu zugelassen.

Die E-Autos der ID.-Reihe kommen mit ihren 4 Modellen insgesamt auf 9.704 Neuzulassungen. 

Und dann gibt es bei den Verbrennern ja auch noch Passat, Polo, T-Roc usw.

Apropos Passat. Vor einer Weile habe ich hier mal die Fake News zum neuen ID.7, dem Elektro-Spitzenmodell von VW "enttarnt", wonach dieser seinem konventionellen Bruder Passat den Rang abläuft.



Das war im Februar. Jetzt haben wir Anfang Juni, die detaillierten Zahlen für den April liegen beim KBA vor.

Danach wurden vom ID.7 zwischen Januar und April 2025 12.469 Stück neu zugelassen. Nicht so schlecht, immerhin schon nahe am Verkauf des gesamten Jahres 2024.

Aber eben immer noch hinter dem Passat. Von dem wurden in den ersten 4 Monaten dieses Jahres 16.575 Stück neu zugelassen. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr wären das sogar mehr als 2024, wenn es bei diesen Zahlen bleibt.

Über die E-Autos berichtet der AUTOHAUS-Newsletter:

"So investiere VW zu viel und verdiene zu wenig an seinen E-Autos. Zudem dauere es zu lange, bis ein neues Modell die Gewinnschwelle erreiche."

Und weiter:

"Die Wolfsburger Kernmarke leidet seit Jahren unter hohen Kosten und Überkapazitäten in ihren Werken. Vor allem die reinen Elektro-Standorte Zwickau und Emden bekamen zuletzt die schwache Nachfrage nach E-Autos zu spüren und mussten die Produktion drosseln."

Ja, so sieht es aus. Die "zu vielen Investitionen" sind die in die Entwicklung und Produktion der E-Autos. Und trotz der hohen Preise verdient man damit zu wenig. Pro Stück und insgesamt. Und das sind dann die Probleme, die VW und alle anderen großen Hersteller jetzt bewältigen müssen. Wie gut, daß die Verbrenner da noch ordentlich Geld in die Kassen spülen.

"Diesel-Dieter" ist vielleicht doch nicht so dumm wie viele Medien und sonstige Kommentatoren immer behaupten.



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