Montag, 18. April 2016

Es grünt so grün

Es ist ein neues Buch über die GRÜNEN erschienen. Ich habe es noch nicht gelesen, aber eine Rezension dazu.

Die Grünen

Ein wichtiger Satz dieser Rezension ist die Feststellung, dass es dem Autor des Buches trotz intensiver Befassung mit der grünen Partei nicht gelungen ist, eine überzeugende Erklärung für eine Frage zu finden, die er gleich zu Beginn des Buches stellt:

"Wie konnte eine grüne Partei, die nie die Legitimierung durch die Mehrheit des Volkes hatte, der gesamten Gesellschaft ihre (oft) obskuren Werte und Ziele aufdrängen und sich zur Moral-und Empörungspartei par excellence aufschwingen, die uns immer mit erhobenem Finger zurechtweist?"

In der Tat ist dies eine sehr berechtigte Frage. Denn tatsächlich sind die Grünen in der Politik der Bundesrepublik viel dominanter, als es ihre Wahlergebnisse vermuten lassen. Und auch ich habe mich schon oft gefragt, wer diese Partei überhaupt noch wählt.

Ich glaube, eine recht simple Antwort zu haben, obwohl die Erklärung dafür nicht in zwei, drei Worten geliefert ist.

Den GRÜNEN ist es aus verschiedenen Gründen gelungen, als die Partei des Guten an sich zu gelten. Sie sind die Partei des guten Gefühls, das Richtige zu tun. Irgendwie. Jedenfalls sind sie keine Partei der Fakten und der nüchternen analytischen Diskussion. Sie sind eine Gefühlspartei! Und Gefühle sind menschlich und menschlich ist gut. Noch heute hört man oft den Satz: wir reden hier nicht über Zahlen, sondern über Menschen!
Und wenn sie es dann doch zu bunt treiben, sieht man ihnen ihre Absurdität nach, da sie es ja eigentlich gut gemeint haben.

So wie ich die Parteiengeschichte der BRD verstanden habe, sind die GRÜNEN in ihren Anfangsjahren die politische Organsisationsform der Antiatomkraft- und der Friedensbewegung gewesen. Diese entstanden Anfang/Mitte der 80er Jahre in der BRD. Es war eine Zeit der Technikgläubigkeit mit einer immer schneller fortschreitenden Entwicklung der verschiedensten Technologien, welche eine gewisse Übertragung von Entscheidungsgewalt und Handlungsoptionen vom Menschen auf die Technik mit sich brachte. Die NATO hatte ihren Doppelbeschluss zur Stationierung von amerikanischen Atomraketen als Antwort auf russische SS 20 und in Tschernobyl flog ein Atomkraftwerk in die Luft. 

Beides, Atomraketen und Atomkraftwerke können erhebliche negative und auch tödliche Auswirkungen auf den Menschen haben.

Atombomben hatten ihre schreckliche Kraft leider schon zweimal unter Beweis gestellt, und Tschernobyl hatte auch erhebliche negative Folgen für Mensch und Umwelt.

In einer Partei der Fakten hätte es Diskussionen darüber gegeben, dass Atomraketen natürlich gefährlich sind, es aber durchaus sinnvoll sein kann, Waffen als Abschreckung eines Gegners parat zu haben und wenn der Gegner Atomwaffen hat, ist es besser, ebenfalls Atomwaffen gen Himmel schicken zu können anstatt Friedensgebete.

Und in einer Partei der Fakten hätte man nüchtern analysiert, dass in Tschernobyl ein Schrottreaktor russischer Bauart vorsätzlich unter Missachtung sämtlicher Sicherheitsstandards, die auch in russischen Atomkraftwerken galten, an seine Belastungsgrenze gebracht wurde. Und darüber hinaus. 

Und es wäre analysiert worden, dass die Informationspolitik und das Schadensmanagement eines kommunistischen Staates anders sind als man es aus westlichen Staaten gewohnt war. 

Und es wäre analysiert worden, dass es bis Tschernobyl in immerhin etwa 25 Jahren friedlicher Nutzung von Kernkraft nur zwei schwerere Unfälle gab mit einem beklagenswerten Todesopfer. In der Bundesrepublik gab es bis dahin (und auch später) so gut wie keinen Zwischenfall, der über einen abgebrochenen Bleistift im Pförtnerhäuschen hinausgegangen wäre.

In anderen Parteien wurde diese Diskussion damals wohl geführt, denn es war undenkbar, wegen Tschernobyl über einen Atomausstieg nachzudenken.

Bei den GRÜNEN war die Schlussfolgerung einfacher und eindeutig: Atom ist böse! Atom ist schlecht für den Menschen. Und was schlecht für den Menschen ist, kann man wohl nicht unterstützen.

Dazu kam der "glückliche Zufall", dass Atomkraft ein sehr sperriges Thema ist. Etwas für Fachleute. Kein normaler Mensch kennt die Unterschiede zwischen Schnellem Brüter, Leichtwasserreaktor, Siedewasserreaktor oder Druckwasserreaktor. 

Vom Unterschied zwischen Kernspaltung und Kernfusion und was in AKWs zur Anwendung kommt, ganz zu schweigen. Und kein Mensch versteht, was alles schief gehen muss, bis tatsächlich etwas schief geht. Kein Mensch hat die Zeit, sich da intensiv einzulesen und da ist die natürliche Reaktion: was ich nicht verstehe, macht mir Angst, was mir Angst macht, will ich nicht.

Die GRÜNEN bedienten diese Sichtweisen.

Dazu kam das damals in einigen Regionen auftretende Phänomen des sogenannten "Waldsterbens". Ein Phänomen, welches offenbar nur in Deutschland auftrat, so dass sich andere Länder nicht mal die Mühe machten, dafür ein eigenes Wort zu finden, sondern einfach das deutsche Wort übernahmen.

Dass das Waldsterben nur lokal vorkam und auf selten, aber regelmäßig wiederkehrende Erkrankungen der Fauna zurückzuführen waren, kam erst Jahre später durch empirische Forschung heraus. Die GRÜNEN hatten da aber schon ihren politischen Profit aus der Sache gezogen.

Neben dem Geist des Guten, versprühten die GRÜNEN in ihren ersten Jahren auch eine gewisse Coolness und Revoluzzertum. Bei AKW-Blockaden oder Kämpfen gegen Flughäfen und Startbahnen waren die GRÜNEN immer mit dabei. Wollte man politisch was erleben, ging man zu den GRÜNEN.

Die Wähler und Anhänger der GRÜNEN waren auch irgendwie von dem Wunsch beseelt, Gutes in der Welt zu tun. 

Da kann man sich natürlich fragen, weshalb eine Partei wie die GRÜNEN nicht schon früher entstanden ist, schließlich ist der Wunsch des Menschen, Gutes zu tun, schon immer vorhanden. 

Allerdings gilt da das Wort von Bertolt Brecht: Erst kommt das Fressen, dann die Moral! Zu fressen gab es damals genug, also war Zeit für Moral. 

Die in Deutschland wenig bis gar nicht aufgearbeitete Nazi-Vergangenheit tat ihr Übriges dazu.

Die Anhänger der GRÜNEN gehörten einer Generation an, die sich zum ersten Mal keine großen Sorgen um ihre Existenz machen musste. Sie waren im von Eltern und Großeltern geschaffenen Wohlstand aufgewachsen und hatten Zeit, sich um andere Dinge auf der Welt zu kümmern. Vielen ist der Wohlstand vielleicht auch peinlich gewesen, angesichts von großer Armut und Not in anderen Teilen der Welt. Und da die eigene Existenzsicherung keine großen Anstrengungen verlangte, kümmerte man sich um andere Dinge als um monetäre. 

Umweltschutz, Frieden, Kampf gegen Not und Armut. Die GRÜNEN sahen ein Problem und waren sofort erst mal dagegen. Und Schuld war immer die westliche Konsumgesellschaft.

Die Revoluzzer-Aura ist heute nicht mehr vorhanden. Dies mag dem Prozess des Erwachsenwerdens einer Partei geschuldet sein, jedenfalls gelten die GRÜNEN heute eher als spießig denn als cool. Was geblieben ist, ist die Aura des Guten.

Für Frieden sein ist gut. Dass eventuell gerade die Gleichheit der Waffen zwischen NATO und Warschauer Pakt entscheidend für die längste Friedensperiode in Europa waren, war ein reaktionärer Gedanke. 

Umweltschutz ist gut! Dass ausgerechnet in den hoch industrialisierten Ländern die Qualität von Luft und Wasser immer besser wurden (auch schon vor den GRÜNEN!!!), passte irgendwie nicht in den Horizont der GRÜNEN und ihrer Anhänger. Die Nutzung der Natur und ihrer Ressourcen war keine notwendige und sinnvolle Verwendung, sondern Zerstörung der Natur. 

Gegen Armut zu sein ist gut! Dass Armut und Not schon seit jeher auf der Welt vorhanden sind und in den industrialisierten Ländern fast vollständig beseitigt waren, interessierte die GRÜNEN auch nicht. Bürgerliche Bildung und damit auch Geschichte der Menschheit war verpönt, solange sie nicht von Marx, Lenin, Che oder Mao oder irgendwelchen Philosophen der Frankfurter Schule geschrieben und interpretiert war.

Die GRÜNEN waren und sind die Partei der Emotionen. Emotionen sind menschlich und menschlich ist gut! Jeder Ansatz einer emotionsfreien und nüchternen Diskussion über die Probleme, die es in der Welt gab und die auch keiner wirklich bestritt, führte zu moralischen Verurteilungen.

Von dieser Aura des Gutmeinens profitieren die GRÜNEN auch noch heute. 

Und keine Fakten und auch keine verstörenden Ausflüge in die Niederungen menschlichen Daseins (Pädophelie, Drogen, Kuscheljustiz usw...) scheinen ihnen etwas anzuhaben. Sie meinen es ja eigentlich gut. Und wer es gut meint, hat auch gleich ein gutes Gewissen.

Und da passt ein Satz so gut wie kein zweiter zu den GRÜNEN: der beste Weg zu einem guten Gewissen ist, es nicht so genau wissen zu wollen.

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